Arbeitgeber können Midi-Jobbern bis zu 2000 Euro zahlen, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt und Rentner dürfen unbegrenzt dazuverdienen. Das sind die wichtigsten Änderungen in der Sozialversicherung ab 2023. Welche Zahlen Arbeitgeber noch kennen sollten, weiß Ecovis-Steuerberater Dirk Wellner in Greifswald.
Die Entgeltgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich steigt zum 1. Januar 2023 noch einmal von 1600 Euro auf 2000 Euro. Der Übergangsbereich geht von 01.10. bis zum 31.12.2022 von 520,01 Euro bis 1600 Euro. Ab 01.01.2023 geht der Übergangsbereich von 520,01 Euro bis 2000 Euro.
Im Übergangsbereich, auch Midi-Jobs genannt, müssen Arbeitnehmer weniger Sozialversicherungsbeiträge zahlen. „Arbeitnehmern bleibt also mehr Netto vom Brutto“, sagt Steuerberater Dirk Wellner, „dafür zahlen Arbeitgeber etwas mehr.“
Elektronische Krankmeldung (eAU)
Ab 01.01.2023 ist die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) für Arbeitgeber Pflicht. Arbeitnehmer bekommen dann keinen „gelben Zettel“ mehr vom Arzt, sondern melden sich nur noch beim Arbeitgeber krank. Der Arbeitgeber muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse des Arbeitnehmers elektronisch abrufen.
Die Künstlersozialabgabe steigt von 4,2 Prozent (2022) auf 5,0 Prozent (2023). Unternehmen, die Künstler oder Publizisten engagieren, müssen ab 2023 höhere Abgaben zahlen. „Unternehmen, die für 2022 abgabepflichtig sind, müssen sich zum 31. März 2023 bei der Künstlersozialkasse melden und die Abgabe zahlen“, sagt Wellner.
Ab 2023 können voraussichtlich alle Rentnerinnen und Rentner unbegrenzt neben der Altersrente dazuverdienen. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung des 8. SGB IV Änderungsgesetzes ist bereits veröffentlich worden und muss nun noch durch den Bundestag und -rat bestätigt werden.
Ab 2023 werden die Hinzuverdienstgrenzen für Altersrentner voraussichtlich komplett abgeschafft. Bei Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung soll ab 1. Januar 2023 eine Hinzuverdienstgrenze von 17823,75 Euro brutto jährlich gelten (Wert aktualisiert am 26.10.2022). Bisher lag die Hinzuverdienstgrenze hier bei 6300 Euro brutto jährlich. Bei Beziehern einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beträgt die geplante Mindesthinzuverdienstgrenze 35647,50 Euro brutto jährlich. Der Wert wurde am 26.10.2022 aktualisiert. Sofern vor Eintritt der Erwerbsminderung das Einkommen sehr hoch war, kann auch eine höhere Hinzuverdienstgrenze gelten.
Eine weitere Änderung: Der Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt auf 1,6 Prozent. 2022 betrug der durchschnittliche Zusatzbeitrag 1,3 Prozent. Im Jahr 2023 steigt er nun an. Der Zusatzbeitrag kann je nach Krankenkasse variieren. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag ist zum Beispiel für den Arbeitgeberzuschuss bei privat krankenversicherten Arbeitnehmern relevant.
Bei der Arbeitslosenversicherung: steigt der Beitrag auf 2,6 Prozent. Der Beitragssatz von aktuell 2,4 Prozent ist bis Ende 2022 gültig. Ab dem 01.01.2023 soll dieser dann 2,6 Prozent betragen.
Insolvenzgeldumlage soll sinken
Der Umlagesatz soll laut Referentenentwurf ab dem Jahr 2023 auf 0,06 Prozent sinken. Bis Ende 2022 gilt der Umlagesatz von 0,09 Prozent. Die Insolvenzgeldumlage zahlt der Arbeitgeber, die Senkung entlastet ihn deshalb. Aufgrund einer geringen Anzahl an Insolvenzen, kann der Gesetzgeber den Umlagesatz senken.
Rechengrößen in der Sozialversicherung
Im Regierungsentwurf sind folgende Werte für 2023 vorgesehen – der Entwurf der Rechengrößen-Verordnung muss noch vom Bundesrat gebilligt werden:
Krankenversicherung: Die Beitragsbemessungsgrenze soll von 58050 Euro auf 59850 Euro jährlich oder von 4837,50 Euro auf 4987,50 Euro monatlich steigen. Die Versicherungspflichtgrenze (auch als Jahresarbeitsentgeltgrenze bekannt) soll ebenfalls von 64350 Euro auf 66600 Euro steigen. Arbeitnehmer, die diese Grenze überschreiten, sind krankenversicherungsfrei und können zwischen freiwilliger gesetzlicher und privater Krankenversicherung wählen. „Arbeitgeber müssen zum Jahreswechsel prüfen, ob ihre Arbeitnehmer die Grenze über- oder unterschreiten und Änderungen der Krankenkasse mitteilen“, sagt Dirk Wellner.
Rentenversicherung: Die Beitragsbemessungsgrenze soll 2023 im Westen von 7050 Euro auf 7300 Euro pro Monat steigen und im Osten von 6750 Euro auf 7100 Euro.
Bezugsgröße Rentenversicherung: Die Bezugsgröße West soll von 3290 Euro auf 3395 Euro steigen. Die Bezugsgröße Ost von 3150 Euro auf 3290 Euro steigen. Die Bezugsgröße ist der durchschnittliche Verdienst aller Versicherten. Die Bezugsgröße ist Berechnungsgrundlage für eine Vielzahl von Werten und spielt zum Beispiel bei Rentenversicherungsbeiträgen Selbstständiger, bei der Familienversicherung oder Versorgungsbeziehern eine wichtige Rolle.