Das Gesamtpaket muss stimmen

von Redaktion

Die Ausbildungssituation gestaltet sich in den Betrieben der Region ganz unterschiedlich

„Im Handwerk zählt nicht, wo jemand herkommt, sondern wo er hin will. So gibt es im Handwerk für jedes Mädchen und jeden Jungen den richtigen Beruf und den richtigen Karriereweg – genügend Interesse, Engagement, Flexibilität und Ausbildungsfähigkeit vorausgesetzt.“ Diese Aussage von Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, kann Markus Saller, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Altötting-Mühldorf, nur unterstreichen. Dass es in manchen Ausbildungsberufen dennoch zu wenige Bewerber gibt, liegt für ihn unter anderem an einem Mangel an gesellschaftlicher Wertschätzung: „Wir fordern hier ein Umdenken. Eine handwerkliche Ausbildung hat in der Gesellschaft leider nicht die gleiche Anerkennung wie eine akademische Ausbildung.“

Aktuell seien ein Drittel aller Lehrstellen in der Region besetzt: „Ein weiteres Drittel aller Handwerksbetriebe hingegen findet keine Auszubildenden und ein weiteres Drittel hat zum Teil Stellen besetzt, aber noch offene Kapazitäten“, so Saller. „Gute Zahlen haben wir in den Holzberufen, vor allem die Ausbildung zum Schreiner ist gefragt. Seit Wiedereinführung der Meisterpflicht steigen auch die Zahlen bei den Fliesenleger wieder.“ Mehr Probleme, Lehrlinge zu finden, hätten hingegen Bäcker und Metzger.

Viele Kontakte zwischen Auszubildenden und Betrieben entstehen laut Saller über die Schulen, vor allem über die Mittelschulen. Dort sind Betriebspraktika etabliert, es finden regelmäßig Berufsinformationsabende statt, an denen Handwerksmeister ihre Berufe vorstellen. Die Bildungsmesse Inn-Salzach, die dieses Jahr am 28. und 29. April in Burghausen stattfindet, ist ebenfalls wichtig für die Betriebe: „Hier probieren wir ein neues Konzept aus – Lehrlinge und junge Gesellen sollen die primären Ansprechpartner der Schüler auf der Messe sein. Es wird zudem sehr viele Angebote zum Ausprobieren geben.“ Wichtig sei in jedem Fall die Einführung eines verpflichtenden „Tag des Handwerks“ an weiterführenden Schulen, so Saller.

Das sagen Handwerksmeister

„Wir bilden pro Jahr einen Auszubildenden im Metzgerhandwerk aus, heuer werden es sogar zwei sein“, sagt Josef Berghammer aus Ampfing, Obermeister der Metzgerinnung. Einen Auszubildenden für den Beruf des Metzgers zu bekommen, sei für ihn weniger ein Problem: „Am besten klappt das über Mund-zu-Mund-Propaganda.“ Auch die Bildungsmesse und die Berufsinformationsabende an der Ampfinger Mittelschule sind für den Betrieb hilfreich. „Wichtiger werden zudem die Inhalte, die die jungen Leute in den Sozialen Medien posten“, so Berghammer.

Schwieriger gestalte sich die Suche nach Metzgereifachverkäuferinnen: „Heutzutage muss die Work-Life-Balance stimmen. Da passen Arbeitszeiten am Freitag bis 18 Uhr oder am Samstag bis Mittag nicht immer ins Konzept“, so Berghammer.
Für seinen Betrieb ist etwa eine Vier-Tage-Woche, wie sie in anderen Betrieben erfolgreich getestet wurde, keine Option: „Die Leute wollen am Wochenende nach getaner Arbeit auch einkaufen gehen. Da können wir nicht einfach schließen.“

Guter Verdienst

Am Geld liegt es nicht, betont der Obermeister: „Nach den Schreinern liegen Auszubildende im Metzgerhandwerk bei der Ausbildungsvergütung an zweiter Stelle“, betont Berghammer. Christian Drexl aus Garching an der Alz ist Obermeister der Zimmerer-Innung. Seine Innung vereint vom ‚Einzelkämpfer‘ bis zum größeren Betrieb ganz unterschiedliche Akteure. Die meisten Betriebe haben fünf bis sechs Mitarbeiter, größere Firmen bis zu 30 Beschäftigte. „Entsprechend unterschiedlich ist in unserem Handwerk der Bedarf“, so Drexl. Im Landkreis Mühldorf sei die Suche nach Auzubildenden generell etwas einfacher als im Landkreis Altötting: „Dort stehen wir in Konkurrenz zu den großen Unternehmen aus Burghausen und Gendorf.“ Auch er unterstreicht, wie wichtig die Bildungsmesse und Informationsveranstaltungen an den Schulen sind. „Die Ausbildung bei uns dauert drei Jahre und beginnt mit dem Berufsgrundschuljahr. In Altötting haben wir eine der modernsten Berufsschulen für das Bauhandwerk in Bayern. Dort werden Zimmerer, Maurer und Trockenbauer ausgebildet.“ Sie können dort unter anderem an Maschinen für computergesteuerten Holzzuschnitt lernen. Oskar Hofstetter, Obermeister der Bäckerinnung, beschreibt die Situation in seiner Innung als schwierig: „Es ist bei uns, wie in vielen anderen Branchen, nicht einfach. Zum einen gibt es nicht so viele Schulabgänger, die für unsere Ausbildungsberufe in Frage kommen. Zum anderen sind unsere Arbeitszeiten nicht jedermanns Sache. Und manche bevorzugen eine ‚saubere‘ Arbeit im Büro“, fasst Hofstetter die Lage zusammen. Dabei könne man als Bäcker tagtäglich Bestätigung erfahren, einfach weil man das Ergebnis der Arbeit unmittelbar sieht: „Mit einfachen Zutaten und ein wenig Geschick kann man ein wunderbares Produkt herstellen“, so der passionierte Bäckermeister. Potenzielle Auszubildende erreicht sein Betrieb etwa durch Betriebspraktika, Messen und Infoabende an Schulen. „Oft bekommen wir auch Azubis, die von einem Freund gehört haben, wie toll der Beruf ‚Bäcker‘ ist. Das ist wirklich ein krisensicherer Beruf – Brot braucht man schließlich immer“, so Hofstetter. Auch steige die Nachfrage nach Qualität und Produkten aus der Region. Ausgebildet werden die angehenden Bäcker im Berufsschulzentrum Mühldorf.

Stefan Mooshuber aus Oberflossing, Obermeister der Schreinerinnung, bildet alle drei Jahre einen Lehrling aus. Auch wenn die Ausbildung mit dem Berufsgrundschuljahr beginnt, sind seine Azubis von Anfang an im Betrieb integriert, machen Praktika oder arbeiten ein bis zwei Nachmittage in der Woche. Auch Verantwortung dürfen die Azubis ab dem ersten Arbeitstag übernehmen. hra

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