Die Herausforderungen bleiben

von Redaktion

Unterstützung ist gefragt: Schüler brauchen Orientierung, Betriebe Strategien

Wie gut die Perspektiven für Fachkräfte sind, zeigen die aktuellen Zahlen der Arbeitsagenturen. In der Region ist mit rund 61 Prozent die Nachfrage nach Fachkräften am höchsten. Dagegen haben Stellen für Spezialisten und Experten, hinter denen meist Berufserfahrene mit Hochschulabschluss stehen, nur einen Anteil von rund 19 Prozent. Schlusslicht sind Stellen für Helfer mit rund 15 Prozent. Zum Ende des letzten Ausbildungsjahres 2022/23 waren in Stadt und Landkreis Rosenheim noch 561 Ausbildungsstellen unbesetzt. Im Landkreis Mühldorf waren 116 Stellen vakant. Stark betroffen von Nachwuchssorgen sind unter anderem viele Handwerksberufe.

Warum kommen Betriebe und junge, ausbildungswillige Menschen nicht zusammen? Für Jennifer Brosche, stellvertretende Leiterin des Bildungszentrums der Handwerkskammer für München und Oberbayern in Rosenheim, kommt hier einiges zusammen: „Die Prägung durch das Elternhaus, die geringe Anerkennung der Mittelschulen und vor allem zu wenig Unterstützung bei der Berufsorientierung macht es vielen Jugendlichen schwer, sich für eine Ausbildung im Handwerk zu entscheiden.“ Auch das offene Bildungssystem sei oftmals nicht präsent. „Mit einem guten Lehrabschluss erwirbt man die Mittlere Reife und ein Meisterbrief eröffnet seit vielen Jahren den Weg zur Fachhochschule“, fügt Jennifer Brosche hinzu. Ein großes Problem für Schüler sei es, individuell herauszufinden, was sie wirklich interessiert. „Aber gerade das ist das Wichtigste für die Berufswahl“, so Jennifer Brosche. Der inzwischen als verpflichtend eingeführte „Tag des Handwerks“ an Schulen soll dem entgegenwirken. Sie wünscht sich mehr Wertschätzung und Offenheit für handwerkliche Berufe, auch an weiterführenden Schulen. Dass sich Schüler bei der Berufsorientierung trotz der Informationsfülle schwertun, belegte zuletzt eine Studie der Bertelsmann Stiftung, in der 14- bis 21-Jährige in der Übergangsphase von Schule in den Beruf befragt wurden. Jugendliche fühlten sich demnach von der Schule in vielerlei Hinsicht nicht genügend auf die Berufswahl vorbereitet. Zwei von drei der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind der Meinung, dass es der Schule weniger gut oder gar nicht gelingt, die hierfür relevanten Fähigkeiten zu vermitteln. Sie wünschen sich eine stärkere Anerkennung von Kompetenzen und Erfahrungen über das Notenzeugnis hinaus. Knapp zwei Drittel halten eine individuelle Begleitung im Übergang ins Berufsleben für wichtig oder sehr wichtig. Die Hälfte der Befragten war der Meinung, dass die Bedeutung einer abgeschlossenen Ausbildung oder eines abgeschlossenen Studiums für die berufliche Zukunft in den nächsten zehn Jahren eher wichtiger wird. Mit einer Arbeitslosenquote von 2,7 Prozent (Bezirk Rosenheim) beziehungsweise 3,1 Prozent (Bezirk Traunstein) war der Wert für Fachkräfte in beiden Regionen im deutschlandweiten Vergleich im November 2023 gering und entsprach in etwa dem Niveau einer Vollbeschäftigung. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die „Denkfabrik“ der Bundesagentur für Arbeit, erwartet für das kommende Jahr hier keine Veränderungen. Die Herausforderungen für die Unternehmen bleiben: „Allein Demografie, Digitalisierung und Automatisierung erfordern zwingend angepasste und neue Herangehensweisen zur Sicherung des vorhandenen Fachkräfte-Potenzials“, betonen sowohl Tanja Fuchs, stellvertretende Leiterin der Agentur für Arbeit Traunstein, als auch Michael Vontra, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Rosenheim. Helfen können neben den Angeboten der Arbeitsagenturen geförderte Coaching-Programme. utg

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