Vertrauensverlust

von Redaktion

Der Förderstopp und seine Auswirkungen

Déjà-vus sind real, das mussten potenzielle Bauherren vergangene Woche erfahren. Das Ereignis, das sich wie ein konkreter Wiedergänger aus der Vergangenheit anfühlte, war hier der plötzliche Förderstopp der Bundesregierung für das Programm „Klimafreundlicher Neubau“ – fast identisch mit dem Beginn des Jahres 2022, als im Januar das Bundeswirtschaftsministerium den Förderstopp für energieeffiziente Gebäude verkündete.

Schon damals war der Aufschrei im privaten Wohnbausektor groß. Nicht ganz so groß scheint die Aufregung aktuell, was die Bundesregierung allerdings kaum als gutes Zeichen werten kann. Denn wo 2022 allein Empörung über fehlerhafte Prozesse herrschte, scheint nun bei den Bürgern ein Zustand eingetreten zu sein, der deutlich schwerer wiegt: Ernüchterung.

Förderungen wie
am Wühltisch

„Die erneute Unvorhersehbarkeit von Förderstopps erschüttert das Vertrauen der Verbraucher in die Beständigkeit staatlicher Unterstützung“, erklärt Florian Becker, Cheflobbyist eines großen Bauherrenverbands, dem Bauherren-Schutzbund. Und das in einem Markt, der den Faktor Vertrauen unbedingt benötigt. Für ein privates Bauprojekt entscheiden sich Menschen in der Regel nur einmal im Leben – und planen dieses über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Förderungen wie am Wühltisch zu vergeben, bei denen nur der welche erhält, der früh genug kommt, verfehlt das Wesen der Eigentumsbildung. Und das schadet dem Einzelnen ebenso wie dem Markt.

Das sieht auch Felix Pakleppa so, Geschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes: „Nichts schadet einer Investitionsbranche wie der Bauwirtschaft mehr als unklare oder sich laufend ändernde Rahmenbedingungen. Wir haben das Förderchaos 2022 erlebt und die Folgen spüren wir heute noch. Bauwillige hatten nicht nur die Finanzierungsgrundlage, sondern auch das Vertrauen in eine verlässliche Politik verloren.“

Pakleppa spricht hier von „Attentismus“, also einer abwartenden Haltung, welche sich in Folge des Vertrauensverlusts bei den Bauwilligen eingestellt hätte. Die Folgen dieses Attentismus sind bekannt: Die Baunachfrage ging noch weiter zurück. Zwar tat die Bundesregierung im vergangenen Jahr viel, um Vertrauen wiederherzustellen. Doch genau dieses Déjà-vu dürfte bei Bauwilligen ihr Zögern nun besonders nachhaltig zementieren.

Schwer wiegt der Förderstopp auch vor dem Hintergrund, dass es bei dem Programm um wichtige Zinserleichterungen geht. Bauzinsen sind weiterhin hoch, trotz aktuell leichter Korrekturen nach unten – und die finanzielle Belastung über einen oft Jahrzehnte lang dauernden Abzahlungsprozess enorm gestiegen.

Auch hier geht es wieder um Verlässlichkeit, auf die man auf Dauer zählen kann. Sobald der Bundeshaushalt 2024 in Kraft tritt, soll das Förderprogramm zwar wieder anlaufen.

Ob zerstörtes Vertrauen so wiederhergestellt werden kann, bleibt allerdings abzuwarten.

Christoph Kastenbauer

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