Gängige Mythen entkräftet

von Redaktion

– Fortsetzung –

Von der Praxis erst mal keine Ahnung

Stimmt nicht. Die Zeiten, in denen die konkrete berufliche Verwertbarkeit für die akademische Bildung zweitrangig war, gehört spätestens seit der Bologna-Reform der Vergangenheit an. Inzwischen sorgen Praktika, Gastdozierende aus der Praxis, Projekte und Kooperationen mit Unternehmen sowie eine generell gewachsene Kompetenz- und Berufsorientierung im Studium dafür, dass auf Hochschulabsolvent nicht mehr der Realitätsschock nach dem Abschluss wartet.

Nur Akademiker verdienen richtig gut

Stimmt so pauschal nicht. Richtig ist: Für junge Menschen ist das Gehalt ein wichtiger Treiber bei der Berufswahl. Nach dem inhaltlichen Interesse und der Passung zu den eigenen Eigenschaften und Fähigkeiten liegt das Gehalt auf Platz drei der wichtigsten Aspekte bei der Berufswahlentscheidung.

Die Aussicht auf ein gutes Gehalt wird zudem häufig als Grund für die Aufnahme eines Studiums genannt. Und es stimmt auch, dass bei der Betrachtung des durchschnittlichen Bruttomonatseinkommens der Beschäftigten in Deutschland die Faustregel „Höherer Bildungsabschluss = mehr Geld“ durchaus zutrifft.

Diese allgemeine Betrachtungsweise bedeutet jedoch nicht, dass ein Studium per se ein höheres Lebensentgelt garantiert und dass die berufliche Bildung nicht auch zu einem vergleichbaren Einkommen führen kann. Statistisch betrachtet verdient ein Beschäftigter mit Studienabschluss im Durchschnitt mehr als jemand mit Berufsausbildung, aber nicht mehr als jemand mit Fachschulabschluss, ein Meister oder ein Techniker. Für die eigenen Einkommensmöglichkeiten sind die individuellen Umstände entscheidender als die statistischen Durchschnittswerte.

Fachkräftemangel betrifft nur Ausbildungsberufe

Stimmt nicht. Der Fachkräftemangel betrifft sowohl Tätigkeiten, die eine berufliche Ausbildung erfordern, als auch Jobs, die ein Studium voraussetzen. Denn: Der wesentliche Faktor des aktuellen Fachkräftemangels in Deutschland ist der demografische Wandel.

Die geburtenstarken Jahrgänge der Baby-Boomer-Generationen treten nach und nach in den Ruhestand und die nachrückende Generation hat zahlenmäßig abgenommen.

Viele der frei werdenden Stellen können daher aufgrund von Nachwuchsmangel nicht besetzt werden.

Darüber hinaus zeichnen sich auch Branchen und berufsgruppenspezifische Unterschiede ab. So hat das Institut der Deutschen Wirtschaft jüngst prognostiziert, in welchen Berufen sich im Jahr 2026 die größten Engpässe zeigen werden: Unter den Top 30 lagen sowohl Fachkräftestellen, die eine Berufsausbildung voraussetzen, als auch Stellen von Expert und Spezialist, die ein Studium voraussetzen.

Besonders gefragt sein werden demzufolge Fachkräfte im Verkauf, Spezialist in der Kinderbetreuung und Expert in der Sozialarbeit beziehungsweise Sozialpädagogik. Bereits heute sind bestimmte Branchen und Berufsgruppen stärker vom Fachkräftemangel betroffen als andere, unabhängig vom Grad der Spezialisierung: Im Bereich Gesundheit beispielsweise mangelt es sowohl an Pflegefachkräften als auch an Fachärzten.

Schwemme von Akademikern

Stimmt nicht. Der Blick auf die Arbeitsmarktstatistik zeigt keinen „Überhang“ an Akademikern. Im Gegenteil: Die Arbeitslosenquote von Personen mit akademischem Abschluss ist vergleichsweise gering, 2022 lag sie bei 2,2 Prozent. Nun ist „nicht arbeitslos“ nicht gleichbedeutend mit „adäquat beschäftigt“. Es zeigen sich aber auch keine klaren Hinweise, dass Akademiker häufig unter ihrem Qualifikationsniveau berufstätig sind: Das berufliche Tätigkeitsniveau von 25- bis 34-jährigen Hochschulabsolvent entspricht zu über 85 Prozent dem Bildungsabschluss. Pauschal kann also nicht von einer zu hohen Zahl an Akademikern gesprochen werden.

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