Unterwegs im zollfreien Skiparadies

von Redaktion

Livignos Skilegende: der 90-jährige „Sandro“ Allessandro Mattini, erster Skilehrer und Gründer der ersten Skischule im Ort. Foto Petra Rapp

Es macht schon viel Spaß, das Carosello-3000-Gebiet auf der westlichen Talseite oder einige Male die östliche Seite mit der schwarzen Giorgio-Rocca-Piste herunterzubrettern, bis die Oberschenkel glühen. Aber eine richtig schöne Powderabfahrt wäre auch schön gewesen, schließlich gilt Livigno (www.livigno.eu/de/) als das Mekka für Freerider in den Alpen.

Neben den 115 Pistenkilometern mit zwölf schwarzen, 37 roten und 29 blauen Pisten sowie zahlreichen, verlockenden Einkaufsmöglichkeiten warten hier auf sechs verschiedenen Bergrücken in einer Höhe zwischen 1800 und 2900 Metern unzählige nicht präparierte Hänge auf die Freeride-Fans. Aber gut, die Schneelage erlaubt es diesmal nicht und man kommt auch so in Livigno voll auf seine sportiven Kosten.

Ein Ort voller
(Ski-)Geschichte

Livigno ist der größte und führende Skiort der Lombardei. Seinen Spitznamen „Klein-Tibet“ verdankt er der abgeschiedenen Lage auf 1816 Metern Höhe mitten im Gebirge. Die schwierigen Lebensumstände der Bewohner erkannte auch der Franzosenkaiser Napoleon und erklärte das weltabgeschiedene Hochtal zwischen Ortler und Bernina 1805 kurzerhand zur Zollfrei-Zone.

Somit war Livigno die erste Duty-Free-Gemeinde der Welt. 1818 machte Österreich-Ungarn, 1910 Italien und 1960 die (damalige) Europäische Gemeinschaft einen Haken unter Livignos Sonderstatus. Heute freuen sich Gäste mehr denn je über Luxuswaren und Sprit zu attraktiven Preisen.

Bis 1968 war Livigno ähnlich gut zu erreichen wie Tibets Hauptstadt Lhasa. Aber dann wurde vom Ofenpass aus der Tunnel „Munt la Schera“ gebohrt.

Diese einspurige und heute leider etwas kostspielig befahrbare Röhre, bei der es immer wieder zu langen Wartezeiten kommt, war damals einerseits Initialzünder für den Tourismus, weil sie die Anreise aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erheblich erleichterte. Der Tunnel musste teuer erkauft werden: Die Schweizer verbanden mit dem Einbahnstraßen-Tunnel Livigno mit der Restwelt, im Gegenzug wurden Teile Livignos vom neu entstandenen Stausee überschwemmt.

Spannend ist auch die Skigeschichte des Ortes und der Besuch im liebenswert geführten Museum von Livigno, dem „Mus!“, unbedingt empfehlenswert. Dort steht unter anderem der Lkw-Motor, der im Jahre 1953 den ersten Skilift von Livigno antrieb. Und manchmal trifft man dort auch „Sandro“ Allessandro Mattini noch persönlich.

Erster Skilehrer

Der inzwischen 90-Jährige wurde in Livigno geboren, war der erste Skilehrer und Gründer der ersten Skischule im Ort. Ein Skiverrückter und ein wandelndes Skilexikon. Berühmt wurde sein Bild, auf dem er zusammen mit vier seiner fünf Kinder auf einem von ihm umgebauten Paar Ski mit fünf Bindungen abfährt. Er reiste in die Skiorte der Welt und brachte viele neue Ideen mit nach Livigno, unter anderem die Disziplinen Skiballett und Ski-Freestyle. Seine Söhne starteten als erste Vertreter Livignos bei den Olympischen Winterspielen in Albertville 1992 und Lillehammer 1994.

Sandro würde es gerne noch erleben, wenn im Februar 2026 die Olympischen Spiele in Livigno Station machen. Dort sollen dann die Freestyle- und Snowboard-Wettbewerbe stattfinden.

Wer genug Pistenkilometer intus hat, kann sich in Livigno auch anderweitig austoben. Fans der dünnen Latten finden im meist sonnenverwöhnten Tal rund 30 Kilometer bestens präparierte und frei zugängliche Langlaufloipen. Schneeschuhe, in Livigno „Drezola“ genannt, dienten den Bergbewohnern in Livigno lange als Fortbewegungsmittel in der kalten Jahreszeit. Wer sich darauf aufmachen will, dem steht ein umfangreiches Wegenetz mit unzähligen Routen für Schneeschuhwanderungen wie auch für Skitouren zur Verfügung.

Zweiradfans können Fatbiken im Schnee und den speziell zum Fatbiken präparierten, 20 Kilometer langen Radweg in Livigno abradeln. Damit es leichter geht, haben die Kursanbieter und Bikeverleiher auch moderne E-Fatbikes im Angebot.

Tipps: Ein Abstecher mit den Ski auf der östlichen Talseite ins kleine Trepalle (2126 m), das höchste Dorf Europas. Von 1939 bis 1980 war hier „Don Sandro“ Dorfpfarrer von Trepalle, der das literarische Vorbild für „Don Camillo und Pepone“ wurde.

Ein Besuch im Aquagrande, einem der größten Sport- und Wellnesszentren Europas und Olympisches Vorbereitungszentrum für 2026. Inklusive tollem Bistro samt Latteria mit regionalen Köstlichkeiten und schönem Blick auf Livigno. Mehr Infos unter www.livigno.eu/ de/aquagranda. Petra Rapp

Anreise:

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