–Fortsetzung–
„Viele können sich die teuren Maschinen nicht leisten und lassen die Gülle vom Maschinenring ausfahren. Die können aber auch nicht alle auf einmal bedienen. Und außerdem sind die Maschinen ganz schön schwer.“ Die Folge: die Bodenkrume wird verdichtet. Die Bodenstruktur durch die Schläuche, die ja die Oberfläche etwas aufritzen, gestört.
Wegen der festgesetzten Zeitspanne, die keine Rücksicht auf die Wetterlage erlaubt, wächst der „Dreck häufig wieder nach oben – und landet dann bei den Tieren auf dem Futtertisch.“
Warum, so fragen sich die Neichls und Hertrich, überlässt man diese wichtigen Entscheidungen nicht den Experten? Denjenigen, die vom Boden leben und ihn deshalb pflegen. Denjenigen, denen das Wohl ihrer Tiere und der Natur am Herzen liegen – ganz einfach schon mal deswegen, weil sie die Voraussetzung für ihren Verdienst sind? Klar, es gebe immer schwarze Schafe, die sich nicht an vernünftige Regeln halten. „Aber die hat man immer – ob mit oder ohne Vorschriften.“
Eng gesetzt ist auch der Spielraum für die Frühjahrsarbeiten. „Den Boden walzt man, damit das aufgefrorene Gras wieder Bodenanschluss hat und besser wachsen kann.“ Da auch diese Arbeit stark reglementiert und an einen festgelegten Zeitraum gebunden ist, machen es viele schon gar nicht mehr. Für den Boden und das Gras sei das nicht wirklich ideal. Und ob es tatsächlich den Wiesenbrütern hilft, wenn diese Arbeiten bis zum 15. März getan sind? „Wir wissen es nicht. Aber natürlich liegt uns der Naturschutz am Herzen. Die Rehkitzretter zum Beispiel, was die mit der Drohnentechnik bewirken, das ist wirklich toll“, finden Neichl und Hertrich.
Bauern sinnlos mit Bürokratie traktiert
Sinnlos sei hingegen, wie die Bauern mit Bürokratie traktiert werden: „Wenn wir in der Früh in den Stall gehen, schauen wir ganz automatisch, ob die Temperatur der Milchtankstelle für den Verkauf in der Milchalm stimmt“, erzählen die Neichls. Was sie stört, ist: „Wir müssen trotzdem noch extra die Milchtemperatur täglich kontrollieren und dokumentieren. Wozu?“ Es sei ja klar in ihrem Interesse, dass die Kühlkette nicht unterbrochen werde, damit die Milch nicht schlecht wird.
Oder ein Beispiel aus der Kälberzucht: Die Tiere müssen spätestens sieben Tage nach der Geburt angemeldet und mit zwei Ohrmarken versehen werden. Dabei wird auch gleich eine sogenannte „Ohrstanzprobe“ genommen. „Damit will man kontrollieren, ob das Tier BVDV-frei ist“, erklärt Andi Neichl senior. „Ob das noch benötigt wird, weiß keiner von uns.“
Die Kälber müssen also gestanzt, mit Ohrmarken an beiden Ohren versehen, per Computer in einer Datenbank angemeldet und registriert, die Proben eingetütet und mit der Post versandt werden. „Tun wir das nicht, oder unterläuft uns ein Fehler, machen wir uns strafbar und werden sanktioniert“, so Neichl. Strafbar machen sich die Landwirte auch, wenn eine Ohrmarke verloren geht. Deshalb kontrollieren sie die Tiere täglich.
Von überbordender, im Grunde überflüssiger Dokumentation weiß auch Marianne Neichl zu berichten. „Wir halten freilaufende Hühner und verkaufen die Demeter-Eier am Automaten in unserer Milchalm. Wir müssen zum Beispiel genau aufschreiben, wann die Hühner aus dem Stall rausgehen, wann sie reingehen, obwohl sich die Stalltür automatisch immer zur gleichen Zeit öffnet und schließt. Dokumentieren müssen wir auch, wie viele Hühner der Fuchs oder der Greifvogel holt und wie viele überfahren werden.“
Die Liste könnte ellenlang fortgesetzt werden: wie viel Futtermittel wann wo gekauft wird. Oder die Düngebedarfsermittlung: „Obwohl das eh alles schon bekannt ist. Es ändert sich ja nix“, stellt Neichl fest.
Überflüssige Dokumentation
„Bei einer Betriebskontrolle müssen wir jedes Jahr von Neuem alle Daten der Milchviehhaltung und auch die Flächen neu eingeben. Der aktuelle Tierbestand ist auf der Hit Datenbank immer aktualisiert. Auch im Landwirtschaftsamt können alle Flächen abgerufen werden. Man könnte meinen, in der heutigen digitalen Zeit kein Problem.“
Kummer macht auch die sogenannte FAL-BY-App: Per Satellit wird kontrolliert, ob auf den Feldern das wächst, was die Bauern im Mehrfach-Antrag angegeben haben. Ist das Satellitenbild unklar oder gibt es eine Abweichung der Feldgröße – und das komme öfter vor – muss der Landwirt rausfahren, ein Foto vom betreffenden Flurstück machen, es in die App laden und mit weiteren Angaben ergänzen. „Alles Arbeit, die mit unserem Beruf als Landwirt nichts zu tun hat“, so Neichl und Hertrich. „Wir haben nichts gegen Kontrollen. Ausgleichszahlungen müssen an Bedingungen geknüpft werden. Das ist in Ordnung. Aber viele Bestimmungen machen keinen Sinn.“
Am liebsten wäre es den Bauern, wenn sie für ihre Erzeugnisse einen realen Preis bekommen. Dann brauchen sie keine Subventionen. „Wenn der Liter Milch so viel kosten würde wie eine Dose Redbull, dann wäre ich zufrieden“, stellt Marianne Neichl abschließend fest.