Es ist so verlockend: Ein Programm öffnen, ein paar Daten eingeben und in wenigen Sekunden rattert auf dem Bildschirm das ansonsten so mühsam zu erstellende Anschreiben runter. „Einige Bewerber haben begonnen, ihre Anschreiben mit Hilfe von künstlicher Intelligenz, zum Beispiel ChatGPT, zu verfassen. Könntest du dir das auch vorstellen?“ Diese Frage hat das HR-
Techunternehmen softgarden erstmals im Frühjahr 2023 gestellt. Damals antworteten 12,7 Prozent mit „Ja, das habe ich schon einmal ausprobiert“. Im September, bei einer erneuten Umfrage, waren es bereits 19 Prozent.
Werden Anschreiben bald überflüssig?
„Innerhalb von wenigen Monaten ist laut Angaben von softgarden der Anteil derjenigen, die KI zum Verfassen des Anschreibens nutzen, um 6,3 Prozentpunkte gestiegen. Von den Bewerbern mit akademischem Hintergrund nutzen sogar schon 23,6 Prozent KI fürs Anschreiben“, sagt softgarden-Geschäftsführer Kirill Mankovski und empfiehlt Arbeitgebern, aufs Anschreiben zu verzichten: „In absehbarer Zeit gibt das Anschreiben keinerlei Auskunft mehr über Motive oder Persönlichkeiten, sondern nur über den Stand beim KI-Know-how von Jobsuchenden.“
Mittlerweile gibt es auch KI-Tools, die automatisch Bewerbungen an potenziell interessierte Firmen schicken. Das Magazins t3n, das sich mit digitaler Wirtschaft befasst, berichtete über den US-Programmierer Julian Joseph, der mit der Hilfe einer App 5000 Bewerbungen „mit einem einzigen Klick“ verschickte. Das Ergebnis: 20-mal sei er zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen gewesen. Nach eigenen Angaben habe der Programmierer parallel auch ganz klassisch einige hundert Bewerbungen aufgesetzt – und bekam ebenfalls nicht mehr als 20 Gesprächsangebote.
Wenn die persönliche Note fehlt
Wer sich ein allgemeines Anschreiben erstellen lässt, ohne individuelle Note, nimmt in Kauf, dass ein Personaler merkt, dass es sich um eine KI-generierte Bewerbung handelt. Das kann je nach Personaler als fortschrittlich oder nachlässig ausgelegt werden. Auf dem Markt gibt es mittlerweile unterschiedliche Programme, die erkennen sollen, ob ein Text durch künstliche Intelligenz oder von einem Menschen geschrieben wurde. Dazu gehört zum Beispiel die App GPTZero, die ein Informatikstudent der Princeton University entwickelt hat (https://gptzero. me/).
Auf sensible Daten aufpassen
Anschreiben und Lebenslauf, in denen sich gerne mal Fehler einschleichen, können von der KI profitieren – keine Frage. In Sachen Rechtschreibung und Zeichensetzung ist der Chatbot sehr zuverlässig.
Die Kehrseite: OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT, sammelt Daten seiner Benutzer. Welche Daten das genau sind, ist in der Datenschutzerklärung auf der OpenAI-Website nachzulesen. Dazu gehören etwa die bei der Kontoeröffnung eingegebene persönlichen Daten wie Name und Mailadresse.
Auch eine Mobilnummer wird benötigt. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass die gesamten Chatverläufe zu Trainingszwecken genutzt werden können, um ChatGPT weiter zu verbessern. Nutzer können der Speicherung zu Trainingszwecken widersprechen, was sie jedoch in den Einstellungen selbst aktiv tun müssen.
Platzhalter verwenden
Wer trotzdem beim Schreiben auf die Hilfe nicht verzichten möchte, sollte so ein Anschreiben als ersten Entwurf betrachten. Statt persönlicher Angaben kann hier mit Platzhaltern gearbeitet werden. Die eigenen sensiblen Daten können dann nachträglich von Hand eingegeben werden.vk