Die Reise durch Jordanien beginnt in Amman. In der Geburtsstätte mehrerer Religionen ist man direkt umgeben von vielen historischen Orten in der Nähe. Im Westen liegt Bethlehem. Jericho ist bei gutem Sonnenschein sogar zu sehen, für die Sicht auf Jerusalem in 46 Kilometer Entfernung muss das Wetter klar sein. Direkt nebenan zeugt ein Stein von der Stätte, an dem Moses den Israeliten das „Gelobte Land“ zeigte. Er steht unmittelbar hinter der Besuchergruppe auf dem Berg Nebo.
Keine Frage: Jordanien ist eine Fundgrube für Bibel-Archäologen. Kaum ein besiedelter Platz im Königreich Jordanien lässt sich nicht mit biblischer Geschichte in Verbindung bringen.
Kulisse großer Filme
Aber nicht nur religionsgetriebene Geister sollten sich mit Jordanien befassen. In seiner faszinierenden Schönheit hat der Staat Kulissen geboten, die für große Filme hergehalten haben. „Lawrence von Arabien“ ist hier auf Zelluloid gebannt worden. Und auch die Herausforderungen der Gegenwart lassen Jordanien nicht unberührt. Besucher bekommen einen ersten Eindruck bereits nach der Landung ihres Fliegers in Amman. Die Stadt ist innerhalb hundert Jahren von 4000 auf über 4,3 Millionen Einwohner gewachsen. Ein pulsierendes, überwiegend nächtliches Leben kennzeichnet den Kern des Zentrums. Ruhige Zonen finden Besucher nur in kleinen Nebengassen, in denen Imbissanbieter zwischen fensterlosen Gebäuden, die von Müll gesäumt sind, ihre Snacks braten. Vielen Menschen ist der Kampf ums Überleben anzumerken.
Jordanien ist weder auf Rosen gebettet, noch auf Ölfeldern gebaut. Der Export von Phosphaten, einigen landwirtschaftlichen Produkten und der Tourismus gelten als Einnahmequellen. Letzterer ist stark abhängig von der politischen Situation um das Land herum. „Wenn andere Länder miteinander Krieg führen, differenzieren viele Gäste nicht“, bedauert Ibrahim. Der Tourismus ist in diesem Jahr um 80 Prozent zurückgegangen. Ibrahim steht wie viele seiner Kollegen mit seinem Pick-up hinter dem Eingang in das „Wadi Rum“. Die gepolsterten Ladeflächen auf ihren Fahrzeugen bleiben leer. Dabei ist diese Filmkulissen-Landschaft von atemberaubender Schönheit. Eine Schlucht, gesäumt von Felswänden aus erodiertem Sandstein und Granit in kunstvoll von der Natur gestalteten Formationen. Über viele Kilometer reicht das „Wadi Rum“ bis nach Saudi-Arabien hinein.
Einzigartiges Petra
Faszinierend ist der Besuch von Petra. 50 jordanische Dinar ermöglichen den Eintritt in die ehemalige Metropole der Nabatäer. Das Volk, das diese einzigartige Stadt ab dem 7. Jahrhundert vor Christus aufbaute, wurde mehrfach von anderen Völkern angegriffen. Die schützende Lage half den 20000 bis 40000 Einwohnern aber nicht, als Petra 363 n. Chr. von einem Erdbeben zerstört wurde. Erst der Schweizer Forscher Johannes Burckhardt verbreitete 1812 seine Entdeckung von Petra in der westlichen Welt. Obwohl bis heute nur zehn Prozent der ehemaligen Hauptstadt Petra von den Archäologen freigelegt wurden, müssen mindestens drei Tage aufgewendet werden, wenn alle Sehenswürdigkeiten zu Fuß in Augenschein genommen werden sollen. Nach einem Gang von mehr als einem Kilometer durch eine Schlucht zeigt sich das heutige Wahrzeichen von Jordanien, die Schatzkammer von Petra, das Schatzhaus Al Khazna.
Zu Gast bei Beduinen
Das jordanische Volk gilt als ausgesprochen gastfreundlich seinen Gästen gegenüber. Es vergeht kaum ein Tag, an dem Besucher nicht zum Kaffee eingeladen werden. Dabei ist es zweitrangig, ob der Gastgeber in einem festen Gemäuer sesshaft geworden ist, oder Nomade ist. So wie Abdullah. Der 54-jährige Beduine klöppelt die zuvor über offenem Feuer gerösteten Bohnen in einem Messinggefäß mit Kardamom, wobei er rhythmische Klänge erzeugt. Diese Geräusche signalisieren den Zeltnachbarn wie auch seinen drei Frauen und 16 Kindern, dass er mit Gästen Kaffee trinkt. Abdullahs Besitz erstreckt sich über Schafe, Ziegen und Kamele. Der Beduine informiert sich allerdings täglich über die Ereignisse in der Welt über einen Satellitenfernseher, der unter dem Zelt festgebunden ist und von einem Solarpanel gespeist wird.
Abdullah will ebenso wenig wie zwei Prozent der Landesbevölkerung das Progamm des Staates zur Förderung eigenen Wohnraums in Anspruch nehmen. „Die Erde ist eine Matratze und der Himmel meine Bettdecke“, fasst er seine Ansprüche zusammen.
Dass Beduinen nicht nur ihrer Tradition nachgehen, zeigt Mohammed Eid. Nach seinem Informatikstudium in Dortmund festigt der gebürtige Palästinenser seinen Ruf als wandelndes Lexikon für deutsche Besucher Jordaniens. Mohammed erklärt, dass der Salzgehalt im Toten Meer über 30 Prozent beträgt und somit keinerlei Leben im Wasser vorhanden ist. Er begleitet die Gäste in die Stadt Akaba, die Jordanien mit einem Hafen im Roten Meer an den internationalen Handelsverkehr bindet. Die westlich orientierte Stadt an der Grenze nach Israel und Ägypten ist eine Art Freihandelszone, wo viele Jordanier Waren einkaufen, die sie dann mit geringen Aufschlag in Amman weiterveräußern. Kurt Sohnemann