Das Abo als Hilfsmittel

von Redaktion

Chefredakteur Martin Vodermair über die Einführung des Plus-Abos

Seit nun schon 15 Jahren berichten die 24er-Portale von OVB24 über das Geschehen in der Region Südostoberbayern – zunächst frei, seit Dezember 2020 mit einem Plus-Modell, für Premium-Artikel benötigen die Leser seitdem ein Abo. Chefredakteur Martin Vodermair erklärt im Gespräch, warum OVB24 diesen Schritt gegangen ist und warum das Plus-Abo dem Leser zugutekommt.

Hallo Martin! Die 24er-Portale feiern gerade ihren 15. Geburtstag. Aus diesem Grund gebt ihr euren Lesern aktuell auch tiefe Einblicke in eure tagtägliche Arbeit. Heute wollen wir uns dem Thema Plus-Abo widmen. Bis Dezember 2020 waren ja wirklich alle Artikel auf den 24er-Portalen frei lesbar, seitdem gibt es das Plus-Modell. Warum wurde das Plus-Abo eingeführt?

Vodermair: „Die Einführung unseres Plus-Abos hatte vielschichtige Gründe. Vorab ist es aber wichtig zu erwähnen, dass wir mit dem Plus-Abo ein zusätzliches Produkt für unsere Leser geschaffen haben. Wer ein Plus-Abo besitzt, kann unseren sogenannten ‚Premium-Content‘ lesen – und der besteht nicht nur aus Artikeln der OVB24-Redaktion. Seit Einführung des Plus-Modells arbeiten die Redaktionen unseres Medienhauses sehr eng zusammen. Die 24er-Abonnenten können jetzt also auch die Premium-Stücke aus den OVB-Heimatzeitungen lesen. Ein Angebot, das es vor Einführung des Abo-Modells nicht gab. Für die Transformation und Zusammenführung unserer Redaktionen haben wir übrigens erst im April 2024 den ersten Platz bei den Global Media Awards geholt.

Aber zurück zum Thema Abo-Modell: Mit dem zusätzlichen Abo-Produkt fällt es uns jetzt leichter, uns als privatwirtschaftliches Unternehmen zu finanzieren, weiterhin unseren journalistischen Auftrag zu erfüllen und auch weiterhin einen unabhängigen Journalismus in unserer Region zu betreiben.“

Du hast jetzt gerade von Finanzierung gesprochen. Wie finanziert sich denn ein Online-Nachrichtenportal?

Vodermair: „Im Grunde lässt sich ein Nachrichtenportal alleine überhaupt nicht finanzieren. Bei der Washington Post haben zum Beispiel nur noch 20 Prozent der Beschäftigten einen redaktionellen Hintergrund. Die restlichen 80 Prozent gewährleisten die Finanzierung über neue digitale Geschäftsfelder. Bei uns ist es im Grunde nicht anderes. Wir finanzieren uns unter anderem mit unseren sehr erfolgreichen Jobs-Portalen rosenheimjobs.de, chiemgaujobs.de, innsalzachjobs.de und BGLandjobs.de und mit unserem Online-Marketing, hier unterstützen und begleiten wir regionale Unternehmen im digitalen Wandel. Aber zurück zu den Nachrichtenportalen: Rein die News-Portale betrachtet, gibt es eigentlich nur zwei Wege der Finanzierung: entweder über Werbeeinnahmen oder über ein Abo-Modell. Würde man sich rein über die Werbeausspielungen finanzieren wollen, dann müsste man überwiegend überregionale Geschichten produzieren, die dann über Google und Co. Reichweite, Klicks und letzten Endes Werbeeinnahmen generieren. Aber wo bleibt dann unser journalistischer Auftrag in der Region? Wo bleibt unsere Unabhängigkeit, wenn wir nur noch für Google produzieren?

Aus diesen Gründen haben wir uns für eine Mischung beider Finanzierungswege entschieden, dem Plus-Modell. Dabei ist der Großteil unserer Geschichten – insbesondere die Live-Berichterstattung weiterhin für jeden frei lesbar, aber eben mit zahlreicher Werbung bestückt. Beim Plus-Content – unseren Premium-Stücken – ist die Werbung deutlich reduziert.“

O.K., danke. Hier aber noch einmal konkreter nachgefragt: Warum hat die Finanzierung denn früher ohne Abo-Modell geklappt, heute aber nicht mehr?

Vodermair: „Das hat etwas mit Google, Facebook & Co. zu tun. Während früher die Werbegelder der regionalen Unternehmen fast ausschließlich in die regionalen Medien geflossen sind, wandern diese Gelder mittlerweile immer mehr zu den globalen Playern wie Google, Facebook und Co. ab. Mithilfe unseres Abo-Modells ist es uns möglich, diese entstandene Finanzlücke wieder zu schließen. Und grundsätzlich sei mir hier die Frage erlaubt: Welche Branche gibt denn seine Leistungen für lau an den Kunden ab? Meine Redaktion besteht mittlerweile aus gut 40 Redakteuren, Volontären, Werkstudenten und Hilfskräften, die wollen Monat für Monat auch ihr Gehalt bezahlt bekommen.“

Martin, du hast eben von unabhängigem Journalismus gesprochen. Was ist damit genau gemeint?

Vodermair: „Genau gemeint ist damit, dass der Journalismus wirklich unabhängig sein soll, also frei von irgendwelchen Einflüssen, sei es von der Politik, von Unternehmen wie Google, Facebook und Co. oder auch von Werbekunden. Diesen unabhängigen und auch kontroversen Journalismus haben wir in unseren Redaktionsrichtlinien auch ganz klar festgehalten. Wer unsere Portale aufmerksam verfolgt, der erkennt, dass wir oft kontroverse Lesermeinungen einholen. Das ist uns ganz, ganz wichtig, damit sich der Leser wirklich eine eigene, unabhängige Meinung bilden kann.“

Jetzt bräuchte ich bitte noch eine Erläuterung: Du hast vorhin auch vom journalistischen Auftrag gesprochen. Was verbirgt sich hinter diesem Auftrag?

Vodermair: „Beim Journalismus spricht man auch von der vierten Gewalt im Staat. Der Journalismus hat den gesellschaftlichen Auftrag, Missstände aufzudecken, er ist quasi eine Kontrollinstanz in unserer Gesellschaft. Müssten wir uns jetzt rein über die Werbegelder finanzieren, dann wäre unser journalistischer Auftrag in der Region gefährdet, weil wir uns dann überregionalen Reichweiten-Geschichten widmen müssten. Mithilfe des Abo-Modells können wir uns aber voll auf die Kontrollfunktion in unserer Region fokussieren. Und genau das ist auch unser Ziel: Wir wollen den Menschen in der Region eine Plattform bieten, die Geschichten der Menschen in der Region erzählen und vor allem auch Missstände in der Region aufdecken.“

Verstehe. Das Abo-Modell und die damit verbundene Finanzierung ermöglichen es also, dass sich die Redaktion wieder voll auf die Region und ihren journalistischen Auftrag in der Region fokussieren kann.

Vodermair: „Genau. Dies lässt sich übrigens auch in Zahlen belegen. Seit der Einführung des Abo-Modells haben wir die monatlichen Zugriffe auf unsere lokalen Geschichten von durchschnittlich knapp zwei Millionen auf gut vier Millionen mehr als verdoppelt. Der Oktober 2023 war in dieser Statistik der bisher erfolgreichste Monat, hier generierten wir mit unseren lokalen Geschichten gut 4,8 Millionen Zugriffe.“

Und wenn wir jetzt ein bisschen in die Zukunft blicken, das Thema generative KI ist mittlerweile ja in aller Munde: Zahlt der Leser dann in der Zukunft auch für Artikel, die eigentlich keinen Arbeitsaufwand darstellen, weil er ja von der KI geschrieben wurde?

Vodermair: „Gute Frage, aber die kann ich ganz klar mit ‚Nein‘ beantworten. Die KI ist für meine Redaktion mittlerweile ein sehr wichtiges Werkzeug, um Arbeitsprozesse zu optimieren. Die KI schafft uns quasi Freiräume für die Recherche und das Verfassen unserer Premium-Geschichten. Die KI kann auch nicht vor Ort sein und mit den Menschen in der Region sprechen. Dank KI bleibt uns für unsere Kernaufgaben wieder deutlich mehr Zeit.“

Finale Frage: Wie wird das Plus-Modell angenommen?

Vodermair: „Also ich bin sehr zufrieden: Nach gut drei Jahren Plus-Modell haben wir jetzt knapp 10000 Abonnenten – ein Erfolg, den uns eigentlich niemand zugetraut hat. Hier spielt uns ganz klar unsere Philosophie in die Karten, dass wir den Fokus schon immer auf die Loyalisierung unserer Leser gelegt haben. Neben den knapp 10000 Abonnenten haben wir auch gut 300000 sogenannte „Brandlover“, die mindestens jeden zweiten Tag auf unsere Seiten kommen – das sind gut ein Drittel aller Bewohner in unseren fünf Landkreisen.“ Interview: Viktoria Röckl