Heutzutage ist man schon froh, wenn man bei konjunkturellen Prognosen wenigstens eine kleine Dezimalstelle hinter dem Pluszeichen wiederfindet. Eben diese hatte Marcus Nachbauer, Vorsitzender der Bundesvereinigung Bauwirtschaft, in Berlin parat, als er vergangene Woche die Konjunkturaussichten für die deutsche Bau- und Ausbaubranche vorstellte.
Um ein minimales Plus von 0,6 Prozent werde in diesem Jahr der Umsatz der deutschen Bau- und Ausbauwirtschaft zulegen. Immerhin. Das große Aber kam trotzdem gleich hinterher: Für das Bauhauptgewerbe rechnet der Verband insgesamt mit einem Umsatzrückgang von vier Prozent.
Der Wohnungsbau schwächelt weiterhin
Das Sorgenkind ist weiterhin dasselbe. Der Wohnungsbau schwächelt, da Privatleute aufgrund der Krise nicht kaufen beziehungsweise bauen wollen oder können und sich so für Bauträger aufgrund zu geringer Nachfrage das zuvor preislich in höchste Höhen geschraubte Geschäft schlicht aktuell nicht mehr lohnt. Um fast 27 Prozent sind 2023 die Baugenehmigungen für neue Wohnungen eingebrochen, erklärte Nachbauer. Für die Betriebe bedeute das: „Je bedeutender das Geschäftsfeld Wohnungsneubau ist, umso größer die Herausforderung.“
Konzentration auf Sanierungen
Keine großen Sorgen, aber auch keinen besonderen Optimismus verzeichnet der Ausbaubereich, wozu Metallbauer, Tischler, Maler und Raumausstatter zählen. Hier erwartet die Bundesvereinigung einen stagnierenden Umsatz von knapp 110 Milliarden Euro für das laufende Jahr. Ein Grund: Bei kleineren Maßnahmen wird aktuell das Geld eher in die nachhaltige Ertüchtigung eines Gebäudes gesteckt, wie auch Neubauer erklärt: „Die Unternehmen konzentrieren sich stärker auf den Sanierungsbereich.“
Ein Lichtblick sei hier der Bereich Gebäudetechnik und Dienstleistungen. Kein Wunder, bietet der doch die aktuell stark nachgefragten nachhaltigen Technologien für das konkrete Umsetzen der Energiewende. Hier werde laut Nachbauer ein Umsatzplus von fünf Prozent auf 195 Milliarden Euro erwartet.
„Impulsgeber im Elektrotechnikerhandwerk sind Installation von Speicher- und Solaranlagen. Hier rechnen wir 2024 mit sieben Prozent Umsatzsteigerung.
Im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik ist mit einem Umsatzwachstum von 2,5 Prozent zu rechnen.“
Dringender politischer Handlungsbedarf
Trotz dieser kleineren positiven Entwicklungen bleiben die Sorgen in der Bauwirtschaft groß. Mit Blick auf die immensen Zukunftsaufgaben, denen sich die rund 370000 Mitgliedsbetriebe gegenübersehen, sieht Nachbauer deshalb dringenden politischen Handlungsbedarf.
„Die Bau- und Ausbauwirtschaft verwirklichen die Klimawende, den Infrastrukturumbau und den Bau von Wohnungen. Aber gerade der Wohnungsbau ist und bleibt das Sorgenkind der Branche. Die Bundesregierung muss zielstrebig die angekündigten Neubau-Förderprogramme umsetzen und auskömmlich und verlässlich gestalten.“
Einer der besten Hebel, um den Wohnungsbau anzukurbeln, sei laut Nachbauer eine bessere Zinsstütze. „Wir sehen seit Monaten, wie die Zinssätze in den Förderprogrammen beim Wohngebäude-Kredite-Effizienzhaus und beim klimafreundlichen Neubau angehoben werden. Die Zinssätze liegen jetzt nahe drei Prozent und damit nur noch einen halben Prozentpunkt unter dem Marktniveau“, betont er.
Doch gerade niedrige Zinsen sind es, die potenzielle Käufer und Häuslebauer am effektivsten entlasten dürften. Nachbauer fordert deshalb ein Umdenken bei der Bundesregierung: „Wenn sich an diesen Bedingungen nichts ändert, werden Investitionen auf dem Wohnungsbaumarkt noch für lange Zeit ausbleiben.“ Christoph Kastenbauer