Nicht nur das Handwerk an sich, auch die Institutionen des Handwerks sind vielen nicht wirklich bekannt. Was macht eigentlich eine Innung, was ist eine Kreishandwerkerschaft und wie unterscheidet sie sich von einer Handwerkskammer? Wer den Unterschied nicht kennt, kann irrtümlich schon mal schnell von einer Kreishandwerkskammer sprechen – die es aber gar nicht gibt.
Die Kreishandwerkerschaft ist der Zusammenschluss der Innungen eines Landkreises. Innungen wiederum sind berufsständischen Organisationen vor Ort, zum Beispiel der Bäcker, Schreiner, Friseure, Metallbauer, Metzger oder Zimmerer. „Zentrale Aufgabe der Innungen ist es, ihr Gewerk vor Ort zu präsentieren, wobei die Mitgliedschaft freiwillig ist und die Handwerksbetriebe hier ehrenamtlich engagieren. Kernaufgabe ist die Umsetzung der Zwischen- und Abschlussprüfungen in den Ausbildungsberufen und auch die Freisprechungsfeiern“, erklärt Markus Saller, der seit 2014 Geschäftsleiter der Kreishandwerkerschaft Altötting-Mühldorf und des Gründerzentrums in Töging ist.
Da die einzelnen Innungen meist kleine Gebilde mit 30 und bis zu 70 Mitgliedern sind, sei es nicht einfach, so eine Organisation aus eigener Kraft zu unterhalten. Hier kommt die Kreishandwerkerschaft ins Spiel, die die Interessen der Innungsbetriebe auf kommunaler Ebene vertritt.
Eine Handwerkskammer hingegen wird vom Wirtschaftsministerium eingerichtet. Sie stellt die gesetzliche Vertretung aller Handwerkerinnen und Handwerker dar. Die Mitgliedschaft in ihnen ist für jeden selbstständigen Handwerker Pflicht. Die Handwerkskammer kümmert sich unter anderem um die Meisterausbildung. „Diese Aufteilung ist historisch gewachsen und nicht unumstritten“, ergänzt Saller. Die Innungen stemmen ihre Arbeit ehrenamtlich. Das sei nicht immer einfach. Gewerke, in denen es zu wenig Nachwuchs gibt, wie etwa bei den Bäckern oder Metzgern, kämpfen darum, die Berufsausbildung in der Region zu halten. Fällt ein Ausbildungszweig erst einmal weg und müssen die Azubis weite Wege in Kauf nehmen, wird die Suche nach Auszubildenden noch schwieriger.
Ausbildung in der
Region halten
Auf kommunalpolitischer Ebene vertreten die Kreishandwerkerschaften die Interessen ihrer Betriebe, die als Produzenten, Dienstleister und als Arbeitgeber ein wertvoller Teil der regionalen Wirtschaft bilden. Sie übernehmen die Öffentlichkeitsarbeit im Landkreis bei Veranstaltungen und stehen in Kontakt mit Behörden und Ämtern. Sie kümmern sich in der Regel auch um die Werbung für das Handwerk bei Veranstaltungen und die Organisation von Berufsinformationstagen. An der Spitze einer Kreishandwerkerschaft steht ein gewählter Kreishandwerksmeister, der meist aus dem Kreis der Obermeister beziehungsweise Innungsmeister der angehörenden Innungen kommt.
Die Kreishandwerkerschaft Altötting-Mühldorf repräsentiert vielfältige Handwerksbetriebe aktuell neun Innungen und damit über 400 Mitgliedsunternehmen. Manche Innungen haben sich landkreisübergreifend zusammengeschlossen, andere wie etwa die Schreinerinnung exsistiert sowohl im Landkreis Mühldorf als auch im Landkreis Altötting.
In der Geschäftsstelle in der Werkstraße 13a in Töging unterstützen die Mitarbeiter die Betriebe bei Fragen zu Tarifen, Arbeits- und Ausbildungsverträgen, zum Prüfungswesen und übernehmen die Freisprechung frisch gebackener Handwerksgesellen. Auch bei Gründungen und Messen helfen sie weiter. Sie bilden mit den Berufsschulen die Gesellen aus in den Gewerken Bau, Zimmerer, Metallbauer, Schreiner, Maler und Lackierer, Bäcker, Metzger und Friseure.
28,2 Prozent aller
Auszubildenden
Das Handwerk ist der vielseitigste Wirtschaftsbereich Deutschlands und bildet mit seinen kleinen und mittleren Betrieben das Kernstück der deutschen Wirtschaft. Aktuell sind in Deutschland laut dem Zentralverband des Deutschen Handwerks 1037073 Betriebe in die Handwerksrollen und in das Verzeichnis des handwerksähnlichen Gewerbes eingetragen. Dort arbeiten rund 5,6 Millionen Menschen, ungefähr 350000 junge Menschen erhalten dort eine qualifizierte Ausbildung. Damit sind 12,2 Prozent aller Erwerbstätigen und 28,2 Prozent aller Auszubildenden in Deutschland im Handwerk tätig. Im Jahr 2023 erreichte der Umsatz im Handwerk rund 765,6 Milliarden Euro.