Es ist eine selten diskutierte Problematik, die allerdings ein hohes Gefährdungspotential mit sich bringt: Baulärm. Dabei sind längst nicht nur Anwohner betroffen, die etwa beim Hausbau nebenan durch den Lärm unter Stress geraten können. Was in der gesellschaftlichen Debatte oft hinten runter fällt: Auch und vor allem die Beschäftigten auf dem Bau sind hier gesundheitlich teils schwer von der lauten Arbeitsumgebung belastet – bis hin zu irreversiblen Schädigungen des Gehörs.
Schwerhörigkeit
durch Lärm
In der Bauwirtschaft und in den baunahen Dienstleistungen ist Lärmschwerhörigkeit die häufigste gemeldete Berufskrankheit. So verzeichnet die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) für das vergangene Jahr 4581 neue Anzeigen auf Verdacht einer berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit – weitere könnten nachträglich hinzukommen. Das sind 571 mehr als im Jahr zuvor. Damit steht die Lärmschwerhörigkeit erneut auf dem ersten Platz der gemeldeten Berufskrankheiten am Bau.
Eine Entwicklung, der die Baubranche nun entgegentreten will. Die BG Bau, der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), der Verband der deutschen Bauindustrie (HDB) sowie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) planen ein gemeinsames Engagement sowie eine bessere Aufklärung zum Thema Lärmschutz. „Die Auswirkung von Lärm wird von vielen unterschätzt – doch die Fakten beweisen das Gegenteil. Deshalb wollen wir alle Beteiligten in der Baubranche für das Thema sensibilisieren“, erklärt ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa.
Doch eine Informationskampagne allein dürfte nicht genug sein, um Menschen am Bau vor ernsten Gesundheitsschäden zu schützen. So betont etwa Gerhard Citrich, Leiter der Abteilung Arbeits- und Gesundheitsschutz der IG BAU: „Damit die Leute ihre Ohren schützen, brauchen wir passgenaue Schutzmaßnahmen.“
Technische Mittel zum Schutz der Beschäftigten sind unter anderem leisere Maschinen oder lärmarme Arbeitsverfahren. Mit ihnen lässt sich der Geräuschpegel nachhaltig senken. Beispiele sind lärmgeminderte Druckluftdrüsen oder schallgedämmte Sägeblätter für Kreissägen. Sind technische Maßnahmen nicht möglich, muss die Lärmbelastung organisatorisch eingeschränkt werden, indem zum Beispiel Schallschutzwände oder Schallschutzkapseln die Lärmquelle abschirmen. Ab einer Lärmbelastung von durchschnittlich 80 Dezibel am Tag müssen Unternehmen ihren Beschäftigten persönliche Schutzausrüstung stellen, also Kapselgehörschützer, Gehörschutzstöpsel oder Otoplastiken. Eine Tragepflicht besteht ab einem Wert von 85 Dezibel.
Um diese Schutzmaßnahmen allerdings wirksam umzusetzen, brauche es vor Ort auch die Kontrolle. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des HDB: „Die Sicherheit und Gesundheit unserer Beschäftigten sind ein Muss. Darum achten wir auf wirksame technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen, die wir immer wieder überprüfen und aktualisieren.“Christoph Kastenbauer