Wohnen am „schönsten Fleck der Erde“

von Redaktion

Schon 925 wurde Eggstätt, die Gemeinde am Hartsee, urkundlich erwähnt, der Erzbischof Odalbert von Salzburg bekam seinerzeit für seinen Besitz aus dem Isengau durch Tausch „Echistat“ (Eggstätt) auf Lebenszeit zum Eigentum. Doch es gibt noch ältere Besiedelungsspuren, die bis ins Jahr 2400 v. Chr. zurückreichen. Heute ist Eggstätt als Teil der Eggstätt-Hemhofer Seenplatte, dem ältesten Naturschutzgebiet Bayerns, Anziehungspunkt für Familien, die sich hier dauerhaft niederlassen. Auch für Tagestouristen und Urlauber ist Eggstätt immer wieder und gern ein lohnendes Ziel. Ein Interview mit dem im vergangenen Oktober frisch ins Amt gewählten Bürgermeister Christoph Kraus.

Im Großraum Chiemgau schießen die Grundstücks- und Mietpreise durch die Decke. Wie kann Ihre Gemeinde dennoch sozialverträglichen Wohnraum schaffen?

Christoph Kraus: Uns fehlt einheimischer Grund. Wohnraum ist knapp. Vorhandene Grundstücke werden schon teilweise halbiert. Aber nicht immer ist eine Wohnraumnachverdichtung gewünscht. Das ist für uns in der Verwaltung, die wir mit Bauwünschen aus der eigenen Bevölkerung konfrontiert werden, nicht immer einfach.

Ist Ihre Gemeinde bei der Kinderbetreuung gut aufgestellt?

Wir haben zwei Kindergärten im Ort, einmal den kirchlichen, St. Georg, und den gemeindlichen im Mühlenweg. Dort bauen wir derzeit einen neuen für die Hartsee-Wichtel. Barrierefrei, mehr Platz für mehr Kindergruppen, mehrstöckig und unter der neuen Trägerschaft von Dorfkinder Plus. Das Ganze hat viele Vorteile: Die Kinder bleiben vor Ort in der gewohnten Umgebung mit den ihnen bekannten Betreuungspersonen, mit der Kita-Leitung bleibt auch der erste und wichtigste Ansprechpartner für die Eltern gleich. Die Gemeinde hat weiterhin umfangreiche Mitspracherechte, beispielsweise bei der Änderung von Öffnungszeiten oder von Elternbeiträgen. Aber der Neubau ist ein finanzieller Kraftakt. Insgesamt sind rund 5,2 Millionen Euro Gesamtkosten veranschlagt und trotz großzügiger Förderung verbleiben uns als Gemeinde Kosten in Höhe von circa 3,773 Millionen Euro ohne Straßenbau. Dennoch ist es eine gute Investition. Und was die Grundschüler anbelangt, so sind diese bei uns in Eggstätt sehr gut aufgehoben: Schon vor über 450 Jahren gab es im Ort eine Schule. Bis 1837 diente das nördlich der Kirche gelegene ehemalige Mesnergütl kontinuierlich als Schulhaus, später dann erst das heutige Rathaus. Seit 1966 werden unsere Kinder im Schulhaus hinter dem Rathaus unterrichtet. Unsere Grundschule wird seit Jahren regelmäßig als Umweltschule ausgezeichnet, ebenso gibt es seit einigen Jahren eine Bläserklasse an der Grundschule, die wir als Gemeinde finanziell unterstützen.

Da die Zahl älterer Menschen steigt, muss eine Gemeinde aber auch mehr für die Senioren tun.

Das stimmt, aber ein Mehrgenerationenhaus oder ein Altenheim können wir aus eigener Kraft nicht stemmen. Dafür fehlen uns derzeit die finanziellen Mittel und die Manpower. Wir haben schon eine geeignete Fläche im Auge, da möchten wir was entwickeln. Aber das ist leider noch Zukunftsmusik.

Stichwort Geflüchtete und/oder Obdachlose: Können Sie Geflüchtete beziehungsweise Obdachlose unterbringen?

Derzeit wohnen einige Geflüchtete in Eggstätt, die privat untergebracht sind. Fakt ist, dass es für Geflüchtete landkreisweit zu wenig Flächen gibt, um diese adäquat unterbringen zu können. Gleiches gilt für Obdachlose. Wenn Eigenbedarf angemeldet wird und man sich die gestiegenen Mietpreise ansieht, dann kann man künftig davon ausgehen, dass auch hier der Druck steigen wird. Derzeit haben wir einen Obdachlosen in einem Container untergebracht. Ich finde, dass das keine menschenwürdige Unterkunft ist. Aber wir haben keine Wohnung im Angebot. Klar, bei uns gibt es Zweitwohnungen. Aber man kann den Besitzern doch nicht vorschreiben, diese aufzugeben und stattdessen auf dem Wohnungsmarkt anzubieten.

Wie sieht für Sie das Wohnen in Zukunft in Ihrer Gemeinde aus?

Das hängt in meinen Augen davon ab, wie es mit der Wirtschaft weitergeht. Und da bin ich leider nicht mehr ganz so optimistisch. Der Wirtschaftsstandort Deutschland präsentiert sich derzeit nicht ganz so rosig, bei den Neubauten gibt es einen Einbruch von über 30 Prozent. Wir hier im Chiemgau und speziell hier in Eggstätt haben natürlich einen Heimvorteil: Wir wohnen in einem der schönsten Flecken der Erde, allein schon die Umgebung bewirkt, dass wir einen hohen Lebensstandard haben. Aber wir haben zu wenig Fläche, um hier mehr Wohnraum zu schaffen. Wie schon erwähnt, werden wir das Problem Zweitwohnungen nicht so schnell lösen können. Das Modell Mehrgenerationenhaus finde ich für eine Kommune ein geeignetes Modell, um langfristig Wohnen zu ermöglichen. Je nach Lebensalter und Familiensituation in kleineren und/oder größeren Einheiten. Aber dafür fehlen uns derzeit ehrlich gesagt die finanziellen und personellen Mittel in der Verwaltung. Hoffnung macht mir, dass die Immobilienblase sich zu erholen scheint und dass die Zinsen sinken. Vielleicht geht da künftig doch wieder mehr Bauen für Einheimische.

Und zu guter Letzt: Wenn Sie sich persönlich eine Auszeit nehmen, wollen Sie uns Ihren Lieblingsplatz verraten oder haben Sie einen Ausflugstipp?

Eine Runde um den Hartsee – egal ob im Sommer oder Winter – ist für mich immer Erholung pur und eine kleine Auszeit vom Alltagstrubel.

Interview: Elisabeth Kirchner

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