Für Kaffee- und Naturliebhaber

von Redaktion

Wie die braune Bohne zum Touristenmagnet in Kolumbien wird

Kaffeebauer Rodrigo Moreno aus Agualinda im Norden Kolumbiens ist sehr zufrieden: mit beachtlichem Tempo streift er die Kaffeekirschen in den gelben Plastikbottich, den er sich umgebunden hat. Die Ernte erstreckt sich über Wochen im November und Dezember. Der Verkauf des Rohkaffees an eine Kooperative in der Küstenstadt Santa Marta sichert ihnen ein gutes Auskommen. Doch seit diesem Jahr haben die beiden ein neues finanzielles Standbein entdeckt: Sie möchten Touristen die Schönheiten der Sierra Nevada zeigen, ihnen auf Wanderungen die Flora und Fauna des höchsten Küstengebirges der Welt und die Produktion des Kaffees näherbringen: „Bei uns können die Gäste die Kaffeeernte erleben – auch mithelfen und so erfahren, wie mühsam es ist, den Kaffee zu pflücken, den sie zu Hause trinken.“

Vom Kaffeetourismus
begeistert

Der Tourismus in Kolumbien hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, doch gerade die Küstenstadt Santa Marta erlebt zurzeit einen regelrechten Boom. In der 550000 Einwohner großen Stadt hat die Kaffeekooperative „Red Ecolsierra“ ihren Sitz. Geschäftsführer Victor Enrique Cordero Ardila ist vom Kaffeetourismus begeistert: „Wir haben hier etwas, was andere Kaffeeregionen in Kolumbien nicht haben: Gebirge und Meer. Wer möchte, kann an einem Tag am Strand liegen und am nächsten einen Ausflug in das höchste Küstengebirge der Welt unternehmen. Das ist wirklich einzigartig.“ Die Kooperative unterstützt das Projekt von Rodrigo und Jhemmy und ermutigt auch andere, ihre Fincas für Besucher zu öffnen.

Neue Ideen
der Produzenten

Die Finca Victoria hat diesen Schritt bereits vor einigen Jahren gewagt. Hier kann der Besucher die Geschichte des Kaffeeanbaus in einer Art großem Freilichtmuseum erleben. Die Farm wurde 1892 von englischen Ingenieuren, die für den Eisenbahnbau ins Land kamen, gegründet und ist seit 1950 im Besitz der deutschen Familie Weber. Claudia Weber betreibt das Anwesen seit 2002 in zweiter Generation. Der Maschinenpark stammt zum großen Teil noch aus dem frühen 20. Jahrhundert. Erstaunlich, dass alle Anlagen heute noch in Betrieb sind. 40 Tonnen Kaffee werden pro Jahr produziert. Darauf ist Weber sehr stolz, doch die Vermarktung bereitet ihr Sorgen: „Es ist ein sehr schönes Produkt, aber das Traurige ist, dass Kaffee an der Börse gehandelt wird und damit großen Preisschwankungen unterliegt. Deshalb stimmt der Preis nicht mit dem Aufwand überein.“ Das war auch einer der Gründe, die Finca für Besucher zu öffnen und sich mit den Eintrittsgeldern ein zweites Standbein aufzubauen.

Etwa zwei Kilometer weiter befindet sich eine der schönsten Lodges der Sierra, die Casas Viejas. Schon der herrliche Blick über den Regenwald der Sierra bis hin zum 20 Kilometer entfernten Meer begeistert, doch richtig spannend wird es in der Morgendämmerung. Dutzende exotischer Vögel wie Kolibris, verschiedene Sitticharten, aber auch Tukane kommen bis an die Lodge heran, sodass man sie direkt von einer Plattform aus beobachten kann. In der Sierra Nevada gibt es eine Konzentration seltener Tier- und Pflanzenarten, wie sie weltweit kaum noch zu finden ist. Diese Artenvielfalt begeistert auch die drei Betreiber der Lodge. Sie stammen aus Frankreich und verliebten sich in dieses Haus, das ursprünglich als Unterkunft für Kaffeepflücker diente. Entstanden ist ein Hostel, das trotz aller Einfachheit viel Komfort für den Reisenden bietet. Die Küche serviert täglich drei Mahlzeiten, oft vegetarisch. Etwa 20 Kilometer entfernt liegt die Kaffeefarm von Rodrigo und Jhemmy. Auch sie hoffen auf eine weitere Zunahme des Kaffeetourismus. Martin Höcker

Wichtige Infos zum Trip

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