Urlaub mit Mängeln

von Redaktion

So reklamiert man richtig

Zimmer verschmutzt, Essen ungenießbar, Blick zur Baustelle: Das muss sich im Urlaub niemand gefallen lassen. Rund zwei Prozent aller Pauschalreisenden sind mit ihrer Reise nicht zufrieden und beschweren sich beim Reiseveranstalter. Recht bekommen sie allerdings nur, wenn sie richtig reklamieren. Wir erklären, worauf es ankommt.

Ist es nicht schon
zu spät?

Nein, nach dem gültigen Pauschalreiserecht lässt sich eine Buchung nach dem Urlaub noch zwei Jahre lang reklamieren. Allerdings haben Reisende die Pflicht, den Schaden gering zu halten. Dazu muss man dem Reiseveranstalter die Möglichkeit gegeben haben, die Mängel schnell zu beheben. Also gilt bei Reisemängeln stets: schnell und möglichst schriftlich einen Vertreter des Reiseunternehmens (Reiseleiter, Agentur) über den Mangel informieren und verlangen, dass er beseitigt wird. Das passiert ja auch im eigenen Interesse: Wer die Kakerlaken im Hotelzimmer erst einmal drei Tage lang hingenommen und dann erst den Mangel angezeigt hat, bekommt eben keine Minderung für die ersten drei Tage Urlaub. Informiert werden muss, mit wem der Vertrag geschlossen wurde. Bei einer Pauschalreise ist das der Veranstalter bzw. sein Reiseleiter vor Ort. Die Hotelrezeption wäre die falsche Adresse.

Wann reicht es, wenn man erst zu Hause rügt?

Wurde der Mangel vor Ort unverzüglich angezeigt, kann man seinen Urlaub in Ruhe beenden. Oft sind die Einschränkungen ja nur ärgerlich, aber ein Urlaub ist durchaus noch möglich. Ein Beispiel: Das Zimmer hatte die Sicht nach hinten statt des gebuchten Meerblicks. Manche Mängel treten auch erst am Urlaubsende auf. Da fand etwa der Transfer zurück zum Flughafen nicht statt, der Rückflug war stark verspätet oder wurde kurzfristig von 20 auf 6 Uhr verlegt und auf diese Weise ein Urlaubstag gestohlen. In all diesen Fällen kann die „unverzügliche“ Meldung auch noch zu Hause stattfinden. Das gilt auch, wenn das Flugzeug umgeroutet wird und erst noch zwei andere Inseln abklappert, der Koffer auf der Heimreise verloren ging oder beschädigt wurde oder die Kreuzfahrt im falschen Hafen endete.

Erst Mängelrüge, dann Forderung

Ist die unverzügliche Mängelrüge erfolgt, kann man nach der Reise in aller Ruhe eine Reisepreisminderung beim Veranstalter geltend machen. Dazu geht man so vor: Zuerst lädt man ein Musterschreiben aus dem Internet, etwa von Finanztip oder dem ADAC. Dann listet man die Reisemängel, auch wenn sie bereits in der Mängelrüge vor Ort aufgeführt worden waren, noch mal möglichst exakt auf. Und man nennt eine angemessene Frist. Schließlich stellt man eine konkrete Forderung in Euro und schickt alles ganz klassisch via Briefpost per Einschreiben.

Wichtig: Die Buchungsstelle, also das Reisebüro oder Buchungsportal, ist die falsche Adresse. Man kann natürlich auch gleich einen Anwalt beauftragen.

Wie viel Geld gibt es zurück?

Doch welcher Reisemangel ist ungefähr wie viel „wert“? Orientierungswerte liefert eine Zusammenstellung des Frankfurter Landgerichts, die sogenannte Frankfurter Tabelle. Sie ist allerdings nicht bindend. Zusätzlich lohnt ein Blick in die Kemptener Reisemängeltabelle des emeritierten Professors für Reiserecht Ernst Führich und in die ADAC-Tabelle zur Reisepreisminderung. Spezialisiert auf Kreuzfahrt-Reisemängel ist die Würzburger Tabelle des Fachanwalts Kay P. Rodegra.

In den Tabellen steht zum Beispiel, dass es bei abweichender Strandent­fernung des Hotels oder bei zu kleinen Zimmern fünf bis 20 Prozent des Reisepreises zurückgibt. Bei Lärm in der Nacht kann der Schadenersatz bis zu 40 Prozent des Reisepreises betragen, bei Gerüchen bis zu 50 Prozent. Und wenn das Hotel noch eine Baustelle ist, dann kann der Urlauber sogar den kompletten Reisepreis zurückverlangen.

Sonderfall: entgangene Urlaubsfreude

Wenn die Reisemängel den Urlaub ganz erheblich beeinträchtigt haben, könnte man neben der Reisepreisminderung noch eine Entschädigung für die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit verlangen. Das geht aber nur, wenn die Mängel die Reise erheblich beeinträchtigt haben.

Infos &
Musterbriefe

Musterbriefe findet man unter www.­finanztip.de oder bei www.adac.de. Reisemängel-Übersichten kann man bei www.reiserechts- anwalt.com/Frankfurter_Tabelle_zur_Reisepreisminderung.pdf oder bei www.reiserechtfuerich.com beziehungsweise www.wuerzburger-tabelle.de herunterladen. Ein guter Kontakt, sollte es doch zu Rechtsstreitigkeiten kommen, ist www. schlichtung-reise-und-verkehr.de. Hier findet man praktische Tipps. Hans-Werner Rodrian/srt

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