Das Achertal ist verhext. Wer es nicht glaubt, sollte sich aber auch nicht wundern, wenn auf der Wandertour zwischen den Weinterrassen aus dem Nichts eine Frau in rot-schwarzem Gewand auf den Weg hüpft. „Früher war ich ein schönes Burgfräulein“, klagt sie am Hang über dem badischen Rotweindorf Kappelrodeck. Aus verschmähter Liebe sei sie dann zur alten Hex vom Dasenstein geworden.
Doris Baßler heißt die Frau, die im Hexenkostüm steckt und während einer vier- bis fünfstündigen Tour nicht nur für viele kurzweilige Anekdoten, sondern auch für Vesper, Hexensuppe, Wein und Schnaps sorgt. Letzter kommt aus Baßlers Schnapsbrunnen. Er steht neben Streuobstwiesen, „von deren Früchtchen bei uns alles flüssig gemacht wird“, erklärt Baßler beim Einschenken. Die Destillate heizen ein, während Baßler alias Fräulein Dasenstein ihre sagenhaften Geschichten erzählt.
Die von ihrem Hexendasein etwa geht so: Um das Jahr 1356 sei ihr ein Bauernsohn zum Verhängnis geworden. „In ihn hatte ich mich unsterblich verliebt.“ Weil er kein Ritter war, jagte der Burgherr seine Tochter ins Tal hinab. Doch ohne Haus und Grund verschmähte sie auch der Bauernsohn. Daraufhin verkroch sich die Holde in der Felsformation Dasenstein und pflanzte rund um die Höhle Wein.
Aus ihren köstlichen Tropfen haben badische Winzer eine Menge gemacht. Sie sprudeln nur so vor Ideen, um Gäste in die Weinberge zwischen Badischer Weinstraße und dem Nationalpark Schwarzwald zu locken. Spurensuche in der Ortenau.
Baumhäuser zwischen Weinbergen
„Mensch, wir wohnen so schön, da müsste man touristisch doch was machen“, dachte sich Stefanie Huber und träumte von Tiny-Häusern, die man in Weinberge und Obstplantagen stellen und vermieten könnte. Und weil das Motto ihres Mannes Josef ‚Geht‘s nicht, gibt‘s nicht‘ ist, brachte er eines Tages aus unserem Wald riesige Baumstämme mit und sagte: „Die sind echt zu schade, um daraus nur Bretter zu machen. Wie wäre es mit Häusern auf Baumstämmen?“
Zwei Jahre später residierten die ersten Urlauber in den „Waldhisl“ – mit Fußbodenheizung und herrlichem Blick über das Bottenauer Tal. Von Stefanie bekommen die Gäste Frühstücks- oder Vesperkörbe für die Weinwanderungen. Dafür ist Oberkirch ein idealer Ausgangspunkt – etwa zu Schloss Staufenberg.
Auf der „schönsten Terrasse Badens“
Wer nicht zu Fuß zur 900 Jahre alten Festung hoch über Durbach wandern will, kann sich im Ort ein E-Bike mieten. Schloss Staufenberg steht auf einer fast 400 Meter hohen Felsnase, umgeben von 23 Hektar Reben. „Die schönste Terrasse Badens“, wie sie Volker Faust nennt. Er ist als Betriebsleiter vom Weingut Markgraf von Baden quasi der Schlossherr. „Von hier aus hat man an guten Tagen einen Blick bis zum Straßburger Münster und dem Elsass“, sagt Faust und deutet über den Rand der Restaurant-Terrasse. Zur anderen Seite, gleich hinter dem Schloss, befindet sich der Klingelberg.
Warum der Riesling hier Klingelberger heißt
Beim Namen Klingelberg klingelt‘s bei Freunden badischer Weine. „Klingelberger ist in der Ortenau die Bezeichnung für einen guten Riesling“, erklärt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. „Baden ist ja Burgunderland, die Ortenau berühmt für ihren Riesling.“
Der Ursprung dafür liegt 250 Jahre zurück. „Da holte der damalige Markgraf von Baden Klone von Ur-Riesling-Setzlingen aus dem Rhein-Main-Gebiet und baute sie am Klingelberg an.“ Mit 400 Metern über dem Meer an einer Bergspitze und südlicher Steillage gelangten die Trauben zu toller Reife.
Faust kann auch mit der Geschichte dienen, wie der Klingelberg zu seinem Namen kam: „Dort wurden früher Erze abgebaut. Weil durch die Spitzhacken der Arbeiter den ganzen Tag ein ‚kling-kling‘ ertönte, wurde er zum Klingelberg.“
Rollende Weinprobe und Hockerle
Wer die Ortenau gerne auf eigene Faust erkundet, zieht mit Bollerwagen in den Weinberg. Timo hatte mit Ehefrau Vanessa die Idee für „Durbach Adventures“. Ihre Handwagen tragen Namen wie Urban oder Kunigunde, sind mit Weinen in Kühlboxen samt Gläsern bestückt. Eine Soundbox sorgt an sechs Stationen für Infos zu den jeweiligen Reben und Winzern.
Und noch ein Highlight gibt es hier: Am Fuße der Burg Staufenberg kann man im Hockerle picknicken. Die drehbaren Schwarzwaldhäuschen in der Größe eines Strandkorbs stehen vor dem Weingut Männle. Über einen zugeschickten Zugangscode gibt‘s dann den gekühlten Vesperkorb aus einem Schließfach mit Wein und Sekt des Hauses.
Claudia Wittke-Gaida/dpa