„Bin im Garten!“

von Redaktion

Eine Entdeckungstour im französischen Département Vaucluse durch noble Schlösser und florale Schätze

Da strampeln sie hinauf, als gäbe es kein Morgen: Rund drei Stunden braucht ein Radler, um den mythischen Berg Ventoux per Drahtesel zu erklimmen. Die Wadeln brennen, der Atem hechelt und doch gerade gilt in der radlverrückten Nation Frankreich: lieber vom Sattel fallen als freiwillig absteigen. Der mythische Mont Ventoux mit seinen 1912 Metern ist der „Höhe“-Punkt eines Trips in die Provence: Von hier oben blicken wir über die weltberühmten Lavendelfelder des Plateau de Valensole. Noch blühen sie nicht, dafür gibt es schon jetzt andere Gartenschätze zu bewundern.

Rosen und Mammutbäume

Zwischen Avignon und dem authentischen Dorf Saint-Didier etwa liegt das historische ­Château de Thézan. 2019 kauften zwei Manager das Renaissance-Schloss, die ehemalige Residenz des Marquis de Thézan-Venasque. Pierre de ­Beytia arbeitete für eine Luxusmarke, Emmanuel Renoux im Immobiliensektor. Mit viel Liebe renovierten sie die Räume. Von diesen schaut man auf den überbordend grünen Park, geplant von André Le Nôtre, der schon als Landschaftarchitekt die weltberühmten Gärten von Versailles anlegte. Hinter den Schlossmauern überraschen seltene Baumriesen, eine 200-jährige Riesenzeder, daneben ein Exemplar aus dem Himalaja und ein Sequoia, ein Mammutbaum aus Nordamerika. Importierte Baum-Exoten galten einst als Must-have der besseren Gesellschaft.

Ein paar Kilometer weiter, ebenfalls am Fuße des Mont Ventoux, blüht die Kirsche. Sylvie Brun hat sich hier ihren Lebenstraum verwirklicht – nicht nur mit Kirschen: In der „Roseraie de Gérenton“ züchtet die Französin „roses an­ciennes“ – alte Rosensorten also, denen ihre ganze Liebe, Hege und Pflege gilt. Früher arbeitete Sylvie als Sportlehrerin, vor rund neun Jahren begann sie, auf diesem abgelegenen Grundstück die Lieblingsblumen zu ziehen.

Die bekannten Boboli-Gärten in Florenz standen dabei Pate und doch ist ­Sylvies Garten Eden vor allem eines: unprätentiös. Rund 300 alte Sorten blühen bei ihr, allein die Babyrosen finden Platz auf 500 Quadratmetern. Illustre Abnehmer wie die mondänen Villen der Côte d‘Azur, die Villa Rothschild zum Beispiel, hat Sylvie. Doch sie bleibt bodenständig: „Organische Rosen zu züchten ist wirklich anspruchsvoll“, sagt sie und schnuppert glücklich an ihren Favoriten, die Damaszener Rosen oder die Kletterrose „Albertine“ mit korallenfarbenen Knospen.

Nicht weit davon schuf der französische Naturforscher und Künstler Jean-Henri Fabre (1823 – 1915) in Sérignan-du-Comtat ein ebenfalls persönlich geprägtes Paradies mit heimischen und fremdländischen Pflanzen, um eine größtmögliche Biodiversität zu erreichen. „Harmas“ heißt dieser Ort, das bedeutet im Provenzalischen „unfruchtbare, steinige Fläche“.

Aus einer solchen zauberte Fabre die Gärten von Harmas hervor, heute eine in ganz Frankreich bekannte Attraktion: Die verwunschene Anlage ist Teil des Museum d’Histoire Naturelle de Paris und liefert Inspiration zur Artenvielfalt mit 500 unterschiedlichen Spezies. Gleich gegenüber liegt das Naturoptère, eines der vielschichtigsten Eco-Schulungszentren des Landes. Ganz ohne pädagogischen Zeigefinger erlaubt es überraschende Begegnungen mit dem Universum der Klein- und Kleinstlebewesen und der Flora.

Bleibt noch ein Abstecher zu den Gärten der Abbaye de Saint André in Villeneuve-lès-Avignon, von Besitzerin Marie Viennet mit Hingabe zum Detail gepflegt. Verschlungene Wege wechseln mit Terrassen, Fischteichen, grandiosen Aussichten hinüber nach Avignon und scheinbar wild wachsenden Partien – mit diesen floralen Schätzen haben Maries Gärten schon mehrfach Preise gewonnen. Franziska Horn

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