Aug in Aug mit Mantarochen und Walhai

von Redaktion

Faszinierende Begegnungen mit den Giganten der Meere im Indischen Ozean

Elegant schaut anders aus. Ich plumpse wie ein Kartoffelsack mit Taucherbrille und Schnorchel ins Wasser. Um mich herum andere Touristen, die hektisch paddelnd ihre Flossen ausprobieren, wirr im Kreis rudern und den Guide suchen, der winkend vorausschwimmt. Dass sich das Boot in diesem Moment auf und davon macht und uns anscheinend erst wieder in einer Stunde abholt, nehme ich aus dem Augenwinkel wahr. Na, super… War es wirklich schlau, mich – nicht unbedingt die allergrößte Wasserratte – bei diesem Schnorcheltrip anzumelden? Doch während ich mich noch leicht orientierungslos durchs Wasser schiebe, paddelt plötzlich gut gelaunt eine Wasserschildkröte neben mir. Sie hat eine stattliche Größe. Ihre Bewegungen – im Gegensatz zu meinen – ganz ruhig und gleichmäßig, ihr dunkler Blick in meine Richtung – ein magischer Moment, der die Zeit stillstehen lässt. „Hey, du! Entspann dich! Immer schön langsam,“ scheint sie mir zuzunicken. Dann nimmt sie einen Schluck Luft an der Wasseroberfläche und taucht ab in die Tiefen des Meeres. Und plötzlich ist sie da, die riesige Freude, dass ich mich getraut habe, in den Indischen Ozean einzutauchen.

Von dieser stillen und gleichzeitig so erhabenen Kontaktaufnahme der Meeresbewohner mit Schnorchlern und Tauchern schwärmt auch Meral. „Ich habe geweint, als mir zum ersten Mal ein Mantarochen begegnet ist“. Für sie ein lebensverändernder Moment, denn: „Ich komme eigentlich aus Kanada, habe danach aber meinen Job als Juristin hingeschmissen und mich auf den Malediven dem Manta Trust angeschlossen.“

Jetzt organisiert sie auf Maamunagau Island, wo das InterContinental Maldives liegt, Forschungs-Tauchgänge, Lehrstunden in den Schulen der Local Islands und wissenschaftliche Vorträge in der Hauptstadt Malé. „Mein Job ist so aufregend, weil die Erforschung der Mantarochen noch in den Kinderschuhen steckt. Erst seit zehn Jahren werden diese riesigen Meeresbewohner untersucht.“ Der Grund: „Sie geben sich sehr geheimnisvoll und sind äußerst mobil. Sie tauchen auf und ab, wann sie wollen. Und doch scheinen sie immer wieder hierher zu kommen. Wir vermuten, dass sich in den tiefen Meereshöhlen dieser Lagune die Aufzuchtstation der Baby-Mantas befindet. Denn vor allem während der nordöstlichen Monsunzeit, die von November bis April geht, schwebt hier auch kleiner Manta-Nachwuchs vorbei.“ Obwohl klein relativ ist: Ein Manta-Baby hat bei der Geburt schon eine Spannweite von bis zu zwei Metern, während ausgewachsene Ozeanmantas bis zu acht Meter erreichen.

Rund 6000 Exemplare dieser riesigen Tiere seien derzeit rund um die Malediven unterwegs, schätzen Meral und ihr Team. „Sie mögen warme Meeresströmungen, bewegen sich daher in Äquatornähe. Außerdem ziehen sie Zoo-Plankton (also kleine Krabben und Garnelen) dem rein pflanzlichen Phytoplankton vor. Das treibt ihnen hier ohne Ende direkt ins Maul.“

Meral deutet auf eine Fotowand, schwärmt von ihren „Schützlingen“ Laurie, Jack, Rob oder Susan und von Zoomie, dem Mantababy. Wie sie sie auseinanderhält? In der Tat ist das bei näherem Hinsehen gar nicht so schwer. „Jeder Mantarochen hat ganz eigene Tupfen oder Einfärbungen auf seiner hellen Unterseite. Daran können wir sie voneinander super unterscheiden.“ Von oben jedoch seien Mantarochen schwarz-grau, eine perfekte Tarnung. „Wer von oben in die Tiefe des Meeres blickt, schaut ins Dunkle. Dass dort unten ein Mantarochen vorbeistreift, merkt man dann gar nicht.“ Doch – Meral grinst – oft hätten Mantarochen gar keine Lust, sich zu verstecken: Dann scheinen sie abzubremsen, langsam näher zu gleiten, als wollten sie sehen, wer da schwimmt, oder sich von den Luftblasen der Sauerstoffflaschen den Bauch massieren zu lassen. „Ich weiß nicht, wie sie das schaffen, bei ihrer kolossalen Größe. Doch kurz bevor man glaubt, zusammenzustoßen, drehen sie elegant ab und entschwinden lautlos.“

Zwischenfrage: Ist ein Mantarochen eigentlich ein schlaues Tier? „Und wie“, schwärmt Meral. „Sie haben im Verhältnis zu ihrer Körpergröße das größte Gehirn unter allen Fischarten. Ziemlich intelligent haben sie etwa auf den sogenannten Spiegelerkennungstest reagiert, bei dem man einem Tier einen Spiegel vorhält und beobachtet, ob es Erkennen oder Neugierde zeigt. Mantarochen scheinen sich im Spiegel selbst zu begutachten. Und das anerkennend. Sie scheinen es cool zu finden, wie sie aussehen. Absolut faszinierend.“

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