Das Bauen ist in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden – wirtschaftliche Unsicherheit und gestiegene Energiepreise tun ihr Übriges, um die Neubauquote weit hinter dem tatsächlich benötigten Maß hinterherhinken zu lassen. Per neu gebauten Wohnhäusern dem stets steigenden Mangel an Wohnraum Herr zu werden, reicht deshalb längst nicht mehr aus. Eine Lösung, diese Lücke zwischen Bedarf und Wirklichkeit immerhin kleiner werden zu lassen, könnte im Gebäudebestand liegen: Aktuelle Analysen zeigen erhebliches Potenzial für zusätzlichen Wohnraum durch Umbau und Erweiterung oder eine effizientere Nutzung vorhandener Flächen.
Bauwerkskosten sind deutlich geringer
Laut Analyse und Berechnungen des Baukosteninformationszentrums deutscher Architektenkammern (BKI) punkten bestandserweiternde Nachverdichtungsmaßnahmen gegenüber Neubauprojekten mit Kosten- und Nachhaltigkeitsvorteilen: Nicht nur Flächen- und Ressourcenverbrauch sowie CO2-Emissionen sind deutlich geringer, sondern – je nach Ausbauart – auch die Bauwerkskosten. So schlägt ein Dachausbau nur mit 1.797 Euro und ein Anbau mit 1.738 Euro pro Quadratmeter Bruttogrundfläche zu Buche, ein Neubau hingegen mit 2.765 Euro. Eine Aufstockung hingegen ist durch den hohen Planungs- und Genehmigungsaufwand ähnlich teuer wie ein Neubau.
Für Albrecht Luz, Immobilienexperte bei der LBS, besitzt an sich jedes Haus Potenzial zur Schaffung neuer Wohnflächen: „Im Grunde kann sich jeder, der eine Immobilie erwirbt oder bereits besitzt, fragen, ob es darin nicht mehr genutzte oder versteckte Wohnflächen, wie zum Beispiel ehemalige Kinderzimmer oder Dachböden gibt, die umgenutzt werden können.“ So lohnt sich für eine junge Familie, die ein altes Haus kaufen und sanieren möchte, bevor sie selbst dort einzieht, womöglich der Ausbau des ungenutzten Dachraums zu einer autarken Einliegerwohnung. Gleichsam erhöht sich die Wohnqualität, weil mit vielen Umbaumaßnahmen auch eine Modernisierung und meist auch eine energetische Ertüchtigung einhergeht. Auch für Eigentümer von Büro- und Gewerbeimmobilien oder von Mehrfamilienhäusern können Aufstockungen sinnvoll sein, denn hier lassen sich mit dem planerischen Aufwand gleich mehrere Wohnungen zur Vermietung neu schaffen.
Potenzial für mehr Wohnraum ist also vorhanden. Laut Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen könnten durch Umnutzung, Aufstockung und Nachverdichtung allein von Büro- und Verwaltungsgebäuden deutschlandweit rund zwei Millionen neue Wohnungen entstehen. Allerdings stehen der Umsetzung oft bürokratische Hürden, Unsicherheit bezüglich Förderungen und fehlende Informationen über die Umnutzungsmöglichkeiten entgegen. Hier ist auch die Politik gefragt. Die neue Bundesbauministerin Verena Hubertz hat jedenfalls bereits angekündigt, das Bauen vermehrt zu fördern und bürokratisch zu entschlacken. Christoph Kastenbauer