Ich könnte das nicht – mit trauernden Kindern arbeiten. Ist das nicht belastend?
Doch, ich nehme etwas mit nach Hause – wertvolle Begegnungen mit trauernden Kindern, Jugendlichen und Eltern, die nicht nur Trauer, sondern auch Mut, Hoffnung und Vertrauen in sich tragen. Die Begegnungen sind häufig von Traurigkeit durchzogen, doch auch Lachen und Humor spielen eine wesentliche Rolle in unserer Arbeit.
Ein Kind/Jugendlicher scheint nicht zu trauern: Ist das okay?
Es ist verständlich, dass Erwachsene nicht immer sofort über ihre Trauer sprechen möchten; ebenso zeigen Kinder ihre Gefühle oft auf andere Weise. Während jüngere Kinder in flüchtigen „Trauerpfützen“ aufgehen und ihre Emotionen vorübergehend im Verhalten ausdrücken – mal ängstlich, mal wütend – ziehen sich Jugendliche zurück oder sprechen offen über das Erlebte. Ein besonders wichtiger Leitsatz für Jugendliche lautet: „Überseh‘ mich nicht, aber bedräng‘ mich auch nicht.“
Darf ich mein Kind mit zur Beerdigung nehmen?
Ja, wenn das Kind das möchte, ist es sogar gut. Je mehr Kinder auf natürliche Weise in familiäre Rituale eingebunden werden, desto besser können sie ihren Verlust einordnen. Auch wenn es schwerfällt, über Schicksalsschläge wie den Verlust eines geliebten Menschen zu sprechen, gilt es, Kinder behutsam an die Hand zu nehmen und sie zu begleiten.
Wie kann ich meinem Kind/Jugendlichen Halt geben in der Trauer?
Die Kinder und Jugendlichen brauchen den Halt von uns Erwachsenen. Das heißt nicht, dass wir immer stark sein müssen und nicht selbst trauern dürfen! Ich stelle die Frage dazu: Was brauchen Sie als Erwachsener, um den Kindern ein guter Anker sein zu können? Wann gibt es Zeit in der Familie zum Krafttanken, damit die Trauer ein wenig leichter ist. Welche gemeinsamen Rituale gibt es, die Halt geben, etwa ein gemeinsames Essen. Wer ist noch da, der die Familie mit unterstützt? Wer gibt Dir als Erwachsener Kraft, damit Du dem Kind Kraft geben kannst.
Für wen und ab wann sind Trauergruppen gut?
Kindertrauergruppen, in denen sich Kinder ab etwa fünf bis sechs Jahren auch ohne die Anwesenheit der Eltern austauschen können, bieten Raum für offene Gespräche über Erlebtes und das gemeinsame Gefühl, nicht allein zu sein. Dabei ist es wichtig, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten – oft wird geraten, dass ein Todesfall mindestens drei Monate zurückliegen sollte, bevor eine Gruppe gegründet wird.
Was sind normale Trauerreaktionen, wann sollte man Hilfe holen?
Grundsätzlich sind Trauerreaktionen gesunde Antworten auf einen schmerzhaften Verlust. Wird jedoch das Entwicklungspotenzial eines Kindes oder das Familiensystem durch langanhaltende Ängste, zerstörerische Wut oder den Verlust schulischer Teilhabe erheblich beeinträchtigt, ist es angebracht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Was tut bei Trauer gut, was würden Sie uns empfehlen?
Tiere können sehr heilsam bei Trauerprozessen sein. Das können Pferde, Hunde, Katzen sein. Bewegung an der frischen Luft macht den Körper frei. Klettern stärkt den ganzen Körper, damit kommt man wieder ins Spüren des eigenen Ichs.
Gemeinsame Rituale, die für die ganze Familie stimmig sind, stärken die Gemeinschaft. Warmes Bienenwachs kneten mit Tee und warmer Decke wirken besonders im Winter gegen die Leere, die man oft bei Trauer spürt. Ansonsten das tun, was sich gut anfühlt. Es ist wichtig, Kraftorte zu schaffen, damit das Schwere nicht so schwer ist.
Ich möchte mich auch für trauernde Kinder engagieren, welche Voraussetzungen brauche ich?
Wer sich im Bereich Kindertrauer persönlich engagieren möchte, sollte über Erfahrung im Umgang mit Kindern und Jugendlichen verfügen, einen Kindertrauerkurs absolviert haben und ein einwandfreies Führungszeugnis vorweisen können.
Neben diesen persönlichen Voraussetzungen ist auch ehrenamtliche, handwerkliche, organisatorische sowie finanzielle Unterstützung wichtig, da der gesamte Kindertrauerbereich überwiegend durch Spenden und Stiftungsgelder finanziert wird.