Die „Süße Linie 8“ ist ein Versprechen: Der Stand, designt als Tram, ist gespickt mit Mandeln, Nougat, Zuckerwatte, Nüssen. In der Tram steht der Münchner Rudy Stey, der seit Kindertagen auf Volksfesten unterwegs ist. Sein Stand ist nicht nur eine feste Größe auf dem Oktoberfest, sondern macht auch auf dem Waldkraiburger Volksfest Station. Und das seit 50 Jahren. Der heute 60-Jährige half schon als Neunjähriger seinen Eltern, Tüten mit gebrannten Mandeln und Schokofrüchten zu befüllen. Steys erste Erinnerungen an das Waldkraiburger Volksfest sind geprägt von einem „romantischen Festplatz, umringt von einem dichten Wald“.
Rudi Stey kommt aus einer bekannten Schaustellerdynastie. Seine Vorfahren waren Artisten, die weltweit tourten. Als das Zirkussterben begann, stieg sein Vater Domenico Stey in das Schaustellergewerbe ein.
Familientreffen mit
Onkel und Cousin
Die Volksfeste in der Region sind für die Steys eine Art Familientreffen: Sein Onkel, mit dem er häufig verwechselt wird, weil beide den gleichen Namen tragen, ist zehn Jahre älter und betreibt einen Schießstand. Sein Cousin, Alexander Stey, tourt mit der Kinder-Traum-Schleife und ist ebenfalls in Walkraiburg zu Gast.
Obwohl er eine kaufmännische Ausbildung absolvierte, entschied er sich für den Schaustellerberuf. „Ich wurde von meinen Eltern gefragt, ob ich ihre Nachfolge antreten möchte, und ich und meine Frau Bärbel haben sofort ja gesagt“, erinnert sich Stey.
Das Familienrezept für die gebrannten Mandeln hütet er wie einen Schatz. Nur so viel verrät er: Es kommt vor allem auf die Rohstoffe an. Die Beliebtheit der Süßigkeit ist ungebrochen: „Grundsätzlich lieben fast alle Besucher den Duft und Geschmack von frisch gebrannten Mandeln. Daran hat sich in den letzten Jahrzehnten nichts geändert.“
Während die gebrannten Mandeln bei jedem Wetter ihre Qualität behalten, stellt die Zuckerwatte besondere Anforderungen: „Die reagiert etwas empfindlich auf Feuchtigkeit“, erklärt er. Da ist Erfahrung gefragt.
„Wenn wir sie brauchen,
sind sie da“
Sein Sohn Danny, von Beruf Softwareentwickler, und seine Tochter Sarah unterstützen trotz eigener erfolgreicher Karrieren die Familie: „Wenn wir sie brauchen, sind sie da“. Der familiäre Zusammenhalt wird bei den Steys großgeschrieben.
Der schönste Moment eines Volksfesttages? Für Rudy Stey ist es der Abschluss: „Wenn am letzten Tag das Feuerwerk ein erfolgreiches und friedliches Volksfest beschließt.“ Eine Tradition, die er seit einem halben Jahrhundert miterlebt.
Dass gebrannte Mandeln und Lebkuchenherzen seinen Berufsalltag bestimmen, war nicht immer so. Bis vor vier Jahren führte er ein Doppelleben zwischen Süßwarenwagen und Showbühne: „Eine große Herausforderung“, gesteht er. „Ich musste manchmal vom Münchner Oktoberfest aus am Abend zu Shows nach Frankfurt oder Bremen und am nächsten Tag um 9 Uhr morgens wieder in der Süßen Linie sein.“ Eine logistische Meisterleistung, die er drei Jahrzehnte lang meisterte.
In seiner 30-jährigen Bühnenlaufbahn sammelte er einige denkwürdige Auftritte. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihm der Auftritt im Ruhr-Congress Bochum vor 4500 Zuschauern, die letzte Musicalshow in Berlin und das große Firmenjubiläum der Firma Netzsch im Jahr 2012 auf dem Festplatz. Bei Letzterem waren allein für seine Show 58 Künstler, Musiker und Techniker im Einsatz.
Showkonzepte auf
Mandeltüten
Seine erfolgreichste Produktion, die „Las Vegas Starlight“ Show, die acht Jahre lang durch Deutschland tourte, entstand quasi in seinem Süßwarenstand. „Alle Ideen schrieb ich, aus Mangel an Papier, auf unsere Mandeltüten“, erzählt er. Zwischen dem Einpacken von Nüssen und dem Drehen von Zuckerwatte entstanden so die Konzepte für aufwendige Bühnenshows.
Die Zeit der Shows ist Geschichte. Die „Süße Linie 8“ bleibt.