Ein sonnengesättigter Tag neigt sich träge seinem Ende zu, die Aussicht vom Kufsteiner Burgberg wird mit jedem gemächlichen Schritt bergan spektakulärer. Vielleicht nehmen wir noch ein Gläschen kühl prickelnden Prosecco zum Einstimmen…und dann: ein Jahrhundertmusical, dargeboten von einem internationalen Spitzenensemble.
Ganz ehrlich? Mehr kann man sich für einen Kulturabend in Tirol nicht wünschen. Und der MusicalSommer Kufstein wird mit „West Side Story“ die hoch gesteckten Erwartungen seines treuen Publikums auch heuer wieder erfüllen. Daran arbeiten Regisseur und Choreograf Vanni Viscusi, der musikalische Leiter Oswald Sallaberger und das gesamte Team auf und hinter der Bühne seit Wochen hart.
Viele Schriftsteller und Komponisten haben sich im Laufe der Jahrhunderte in der einen oder anderen Form William Shakespeares „Romeo und Julia“ angenommen. Die Geschichte zweier Teenager, die so bedingungslos und leidenschaftlich lieben, wie man es vielleicht nur einmal im Leben kann, ist nicht umsonst weltberühmt.
Und es ist kein Wunder, dass sich auch Leonard Bernstein, das musikalisch so vielseitig begabte Jahrhundertgenie, mit dem Stoff beschäftigte und zusammen mit dem nicht minder genialen Songtexter Stephen Sondheim „West Side Story“ schuf. Bernstein/Sondheim verlegen das Liebesdrama zwischen den rivalisierenden Veroneser Familienclans der Montagues und Capulets in die USA und lassen dort zwei jugendlich aggressive Straßengangs, die Jets und die Sharks, aufeinandertreffen. Das 1957 in New York City uraufgeführte und schon 1961 erstmals verfilmte Musical ist die sicherlich bekannteste Interpretation des „Romeo und Julia“-Stoffes und hat in den Jahrzehnten seither nichts von seiner Faszination verloren.
Bernstein auf der
Höhe seiner Kunst
Das liegt, no na, zum Einen am Thema: Leidenschaftliche Liebe kommt glücklicherweise nie aus der Mode. Dann ist da natürlich Bernsteins Musik, in der er auf der Höhe seiner Kunst alle Register zwischen aufregendem Jazz, heißen Latino-Rhythmen und geradezu opernhaften Elementen mit größter Ohrwurm-Qualität zieht. Und schließlich sind da immer neue Generationen hochqualifizierter Künstlerinnen und Künstler, die rund um den Globus dafür sorgen, dass „West Side Story“ keinerlei Patina ansetzt.
Für den MusicalSommer Kufstein, einen bestens etablierten Fix- und Höhepunkt des Tiroler Kultursommers, kommen sie aus Deutschland und Brasilien, aus diversen österreichischen Bundesländern und Italien, aus den Niederlanden und Frankreich… eben aus allen Ecken der Welt und manche auch buchstäblich nur ums Eck in Innsbruck, um zunächst im Canisianum die ersten Probenwochen zu absolvieren, bevor der Tross wenige Tage vor der Premiere am 26. Juli in die Kufsteiner Festungsarena übersiedelt. Es hat etwas von einem ersten Schultag, wenn Ensemble und Leitungsteam einer neuen Produktion erstmals zusammenkommen. Alle sind bestens vorbereitet, gut gelaunt, begierig darauf, endlich anzufangen. Und außerdem ein bisschen nervös. Kenne ich jemanden zufällig aus einer anderen Produktion? Können wir miteinander und einander auch durch unweigerlich auftretende schwierige Probensituationen tragen? Finden wir alle eine gemeinsame künstlerische Sprache für unsere gemeinsame Vision, dem Kufsteiner Publikum einen unvergesslich schönen Abend zu bereiten?
Die Chemie muss
stimmen
Diese gemeinsame Vision zunächst für sich selbst zu entwickeln und dann dem Orchester und dem Darstellerensemble zu vermitteln, ist Aufgabe des Leading Teams Vanni Viscusi und Oswald Sallaberger. Der Italiener und der Tiroler haben nicht zuletzt im Jahr 2024 mit der herausragenden „Sister Act“-Produktion in Kufstein bewiesen, dass sie ausgezeichnet miteinander können.
Sehr wesentliche Bausteine (im wahrsten Sinne des Wortes!) trägt auch die Bühnen- und Kostümbildnerin Julia Neuhold zur Gesamtqualität und -atmosphäre im Team und der ganzen Aufführung bei. Dass die Chemie stimmt, ist natürlich insbesondere auch bei einem Bühnen-Liebespaar wichtig. Mit dem Wiener Nicolas Vinzenz als Tony und der Niederländerin Margot Baars als Maria hat der MusicalSommer zwei junge Künstler verpflichtet, aus denen die Leidenschaft für ihre Rollen nur so heraussprudelt.
Das beste Ensemble
für das beste Musical
„Tony ist der klassische Liebhaber“, schwärmt Vinzenz. „Diese Persönlichkeit mit allen Facetten zwischen Wut und Hass und auf der anderen Seite größter Zärtlichkeit und Liebe zu spielen, macht mir großen Spaß. Tony ist einfach ein cooler Typ.“ Der, ergänzt Margot, „auf eine Frau trifft, die noch sehr jung und vielleicht fast ein bisschen naiv ist. Sie verliebt sich zum ersten Mal und versteht zunächst gar nicht, warum das ein Problem sein soll.“
Was die beiden an dem Stück mögen? Vinzenz, wie aus der Pistole geschossen: „Alles!! Nicht umsonst haben Bernstein und Sondheim gesagt, sie wollen das beste Musical schreiben.“ Margot, trocken: „Na, das hat definitiv geklappt!“