Nachhaltig reisen – Traum oder Realität?

von Redaktion

Tourismusexpertin des WWF gibt Tipps, wie der Urlaub umweltfreundlicher werden kann

Urlaub ist für die meisten die schönste Zeit des Jahres. Aber es ist auch ein Thema, bei dem sich die eigenen Entscheidungen stark auf die Umwelt auswirken. In den letzten Jahren hat sich der Blick auf den persönlichen CO2-Fußabdruck zum Glück bei vielen geschärft, auch beim Reisen. „Laut einer Analyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) ist die Einstellung der Reisenden zur ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit bei Urlaubsreisen sehr positiv“, erklärt Petra Thomas, Geschäftsführerin von forum anders reisen, einem Verband für nachhaltigen Tourismus.

Für die Reiseanalyse von FUR wurden über 12000 Interviews geführt. 45 Prozent der Befragten gaben an, dass der Urlaub möglichst ökologisch verträglich, ressourcenschonend und umweltfreundlich sein soll. „Allerdings ist seit 2023 das Flugzeug mit 45 Prozent zum zweiten Mal das am meisten genutzte Verkehrsmittel für die Urlaubsreise ab fünf Tagen“, erklärt Thomas. Dicht gefolgt vom Pkw mit 42 Prozent – die Bahn (sechs Prozent) und der Bus (fünf Prozent) liegen deutlich dahinter. Zur Erinnerung: Das Flugzeug ist das klimaschädlichste Verkehrsmittel. „Aber immer mehr Gebiete sind mit der Bahn zu erreichen. Wenn erst ein grenzüberschreitendes Ticketing innerhalb Europas endlich von der EU vorangetrieben wird, kann sich der Sektor Mobilität noch klimafreundlicher entwickeln“, so Thomas.

Worauf achten?

Martina von Münchhausen ist seit über 15 Jahren Tourismusexpertin bei der Natur- und Umweltschutzorganisation WWF. Sie weiß, worauf man bei der Reiseplanung achten sollte, um möglichst nachhaltig unterwegs zu sein. Mittlerweile greifen viele auf Online-Buchungsportale zurück, doch Reisebüros sind weiterhin gefragt. „Das kann ich auch nur unterstützen“, sagt die Expertin. „Denn auf den Plattformen kommt man in der Regel nur schwer an Informationen bezüglich Nachhaltigkeit.“

Wer keinen Übertourismus fördern und für die lokale Wertschöpfung etwas tun möchte, „stößt meistens auf den Internet-Portalen an seine Grenzen“. In Reisebüros bekomme man in der Regel eine gute Beratung, „und mir wird genau das Angebot herausgesucht, das zu meinen Ansprüchen passt“. Oder man bucht die Reise direkt über einen nachhaltigen Reiseveranstalter, „der ein gutes Konzept hat und mit verantwortungsbewussten Partnern vor Ort zusammenarbeitet“.

Auch wenn sie bei vielen verpönt sind: Pauschalreisen sind aus Nachhaltigkeitssicht sinnvoll. „Man bucht beispielsweise eine Rundreise mit einem Veranstalter, bei dem die Organisation unter Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien vonstattengeht – das ist doch gut.“ All-inclusive-Hotels seien per se auch nicht schlecht. „Es gibt sehr engagierte Hotelketten, die sehr viel für Nachhaltigkeit tun und dies auch transparent kommunizieren.“ Aber mal ehrlich: So oder so ist eine Reise immer – zumindest was den eigenen CO2-Fußabdruck angeht – problematisch. Wieder zurück zu den Flugreisen. Hier lautet das Credo definitiv: Weniger ist mehr. „Wenn man eine längere Reise ins ferne Ausland machen will, dann soll man das auch tun. Aber mit einem proportional zum Flug auch sinnvoll langen Aufenthalt“, sagt von Münchhausen. Doch gerade Kurztrips sind angesagt, mal schnell über ein verlängertes Wochenende nach Dubai fliegen – dafür gibt es zahlreiche Angebote. „Auch wenn die Preise immer weiter steigen, sind gerade diese Reisen erschwinglich.“ Vielleicht spart man mit solchen Trips etwas Geld, jedoch auf Kosten der Umwelt – am Ende ein hoher Preis.

Ebenfalls wichtig bei der Planung: sich vorab über die Destination informieren. „Wenn in einer Region beispielsweise der Müll nicht richtig verarbeitet wird, hat das große Auswirkungen auf die Biodiversität und Umwelt“, so von Münchhausen. Wenn die Zielregion im Müll versinkt und die Behörden auch nichts daran ändern, dann sollte man sich im besten Fall ein anderes Ziel suchen. „Oder man muss sich dessen bewusst sein – und keinen Müll produzieren, da er im schlimmsten Fall im Meer landet.“ Also nichts aus Plastik verwenden. Klar, das ist mühsam, weiß die WWF-Mitarbeiterin. „Aber wenn man die Bilder sieht, wie das Meer mit Plastik verseucht ist, möchte man das doch nicht verschulden – oder?“

Es gibt viele Inseln, wie etwa Bali, die von Touristen überrannt werden – aber eigentlich nicht über eine Infrastruktur verfügen, um dem Müll und den Massen Herr zu werden. Gute Alternativen gibt es. „Spanien ist ein tolles Beispiel. Es ist ein riesiges Land, das viele Möglichkeiten bietet – jenseits der stark frequentierten Küstenregionen.“ Auch seien die Bahnverbindungen in Spanien sehr gut. Natürlich macht es laut der Expertin wiederum keinen Sinn, im August nach Mallorca zu fliegen – auch diese Insel platzt aus allen Nähten.

Das heißt nicht, dass Verreisen nur Schlechtes bringt. „Wenn man sich gut informiert und Interesse für die Kultur und Natur eines Landes aufbringt, dann kann man viel Positives bewirken“, so von Münchhausen. „Florierender Tourismus kann ein Hebel für ein besseres Gesundheitssystem, mehr Bildung und Jobs in der jeweiligen Region sein.“ Zudem sind viele Naturschutzprojekte auf touristische Einnahmen angewiesen. „Daher kann Tourismus positive Auswirkungen auf den Natur- und Artenschutz haben.“ Anna Wagner

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