Trauer macht auch vor dem Arbeitsplatz nicht halt. Es ist aber individuell, wie eine Person auf den Verlust des Vaters, des eigenen Kindes oder einer engen Freundin reagiert. Nach einem solch immensen Einschnitt kann Arbeit für die einen banal erscheinen – für andere wiederum eine Stütze sein. Wie findet das Team den richtigen Umgang, wenn Kolleginnen oder Kollegen trauern?
Die erste Reaktion
Erfährt man davon, dass es bei einem Teammitglied einen Trauerfall gab, ist da oft viel Unsicherheit. Sprachlosigkeit sei eine häufige Reaktion, beobachtet Susanne Schlenker, die als Trauerbegleiterin auch Firmen und Unternehmen berät – „weil Menschen schlicht überfordert sind.“ Sterben, Tod und Trauer seien Themen, mit denen man verlernt habe, umzugehen. Laut Schlenker ist es daher wichtig, sich mit den eigenen Emotionen zum Thema Endlichkeit und dem, was dabei Angst macht, auseinanderzusetzen. „Wenn ich diese Berührungsängste verloren habe, reagiere ich nicht mehr automatisch, sondern dann kann ich ganz empathisch auf den Trauerenden zugehen.“
Wer die Nachricht bekommt, dass etwa eine Kollegin Mutter oder Vater verloren hat, sollte gar nicht sofort „in die Reaktion gehen“, rät Tanja M. Brinkmann, die als selbstständige Trauerberaterin arbeitet. Wichtiger sei, erst mal innezuhalten und zu sehen: Was macht das eigentlich mit mir? Dann könne man sich überlegen: „Was wünsche ich mir selbst, wenn ich in so einer Situation bin? Und passt das auch zu meiner Kollegin oder meinem Kollegen, der trauert?“ Häufig brauche es dann gar nicht besonders viele Worte. Oft brauche es eher eine Frage an die Trauernden. Oder eine Geste wie eine Umarmung – je nachdem wie nah man sich ist. „Viel klüger ist es, den Trauernden selbst sprechen zu lassen“, so Brinkmann.
Gesten zur Kondolenz
Ist eine Trauerkarte angemessen, sollte ich zur Trauerfeier kommen – oder ist das zu aufdringlich? Geht es um Trauerbekundungen aus dem Kollegenkreis, ist es wichtig, die Bedürfnisse der Trauernden zu respektieren. Eine Kondolenzkarte aber ist fast immer angemessen. „Die meisten Trauernden finden es total gut, von ihren Kolleginnen und Kollegen, von ihren Vorgesetzten oder von ihrem Unternehmen eine Trauerkarte zu bekommen“, sagt Tanja M. Brinkmann. Bestenfalls eine sehr persönlich geschriebene. Bei der Trauerfeier komme es darauf an, was gewünscht ist. Manche wollen die Beisetzung im engsten Familienkreis begehen, andere finden es berührend, wenn Menschen aus der Firma Anteilnahme zeigen. Es sei eine schöne Geste, um zu zeigen: „Ich fühle mit dir. Es betrifft mich auch, dass du jemand Wichtiges verloren hast.“
Der erste Tag
zurück im Job
Der Kollege erscheint schon am Tag nach der Trauerfeier wieder bei der Arbeit und macht sogar Überstunden? Auch wenn man persönlich findet, jemand sollte sich erst mal Zeit für sich nehmen. „Bewerten Sie die Trauer der Trauernden nicht“, sagt Tanja M. Brinkmann. Stürzt sich jemand in die Arbeit, könne das schlicht eine Überlebensstrategie sein – „etwa, weil ich den Schmerz vielleicht noch gar nicht aushalten kann“. Generell helfen kleine Gesten den Trauernden, am Arbeitsplatz wieder anzukommen. „Für die Trauernden ist der erste Tag auf der Arbeit ebenfalls ein unsicheres Ding – auch sie sind aufgeregt“, so Brinkmann.
Im Arbeitsalltag
ankommen
In der ersten Zeit brauchen Trauernde am Arbeitsplatz vor allem Rücksichtnahme – und möglichst wenig Druck. Wer einen nahen Angehörigen oder die beste Freundin verloren hat, ist emotional gestresst. „Man geht davon aus, dass der Trauerprozess in einem solchen Fall bis zu 50 Prozent der Energie braucht“, sagt Brinkmann. „Selbst wenn es mir also total wichtig ist, dass ich wieder zur Arbeit gehe, sollte klar sein, dass ich trotzdem nicht die gleiche Leistungsfähigkeit habe. Hilfreich sei dann, wenn die Führungskraft und das Team möglichst viel Flexibilität und Verständnis anbieten.
Der Trauer Raum geben
Irgendwann geht es trotz einschneidender Verluste wieder zu Alltäglichem über. Dennoch sollten Kollegen sowie Führungskräfte im Kopf behalten, dass die Trauer nicht in ein paar Wochen erledigt ist. Und an besonderen Tagen – Todestag oder der Geburtstag der verstorbenen Person – könne die Trauer noch mal extrem hochkommen, auch ein oder zwei Jahre später. dpa