Was zeichnet das Zentrum besonders aus?
Seit Anfang 2024 erfassen wir tagesaktuell alle OP-Daten: Indikation, Ergebnis und mögliche Komplikationen. So können wir sofort reagieren und unsere Qualität stetig verbessern. Inzwischen liegen wir deutlich unter der Komplikationsrate zertifizierter Zentren – das zeigt sich auch in der Zufriedenheit unserer Patienten.
Welche Konsequenzen hatte das?
Die Patientenzahlen sind stark gestiegen – von 53 im Jahr 2023 auf rund 350 in 2025. Das erhöht unsere Routine und verbessert die Abläufe im gesamten Behandlungsteam. Mühldorf zählt heute zu den „high-volume-Zentren“ mit hoher Spezialisierung und entsprechend niedrigen Komplikationsraten.
Steigen damit auch unnötige Operationen?
Nein – im Gegenteil. Wir operieren heute gezielter. Der Anteil bösartiger Befunde ist von fünf auf rund 25 Prozent gestiegen. Das zeigt, dass die OP-Indikation streng gestellt wird. Unsere fachübergreifenden Fallkonferenzen – etwa die neue ENKOS-Konferenz mit dem Krankenhaus Agatharied – leisten hierzu einen wichtigen Beitrag.
Wie wichtig ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit?
Sie ist zentral. In unserer wöchentlichen Tumorkonferenz besprechen wir gemeinsam mit Endokrinologen, Pathologen und Nuklearmedizinern alle onkologischen Fälle. Zudem ermöglichen wir mit der Onkologie in Altötting und der Radiologie dia.log eine ambulante Nachsorge – ein Gewinn für unsere Patienten.
Sie gelten als Pionier auf Ihrem Gebiet. Welche Innovationen setzen Sie um?
Bei aggressiven Schilddrüsenkarzinomen, die früher kaum behandelbar waren, erzielen wir dank moderner Sequenzierung, Fallkonferenzen und präziser Chirurgie heute deutlich bessere Ergebnisse. Bei gutartigen Befunden bieten wir als eines der wenigen Häuser Europas endoskopische Halsoperationen ohne sichtbare Narbe. Auch thermische Verfahren wie die Radiofrequenzablation (RFA) ermöglichen es, einzelne Knoten gezielt zu behandeln – bei vollständiger Erhaltung der Schilddrüsenfunktion. Deutschlandweit sind wir eines von nur vier Zentren mit dieser Möglichkeit.
Welche technischen Verfahren kommen zum Einsatz?
Wir nutzen ein intraoperatives Schnelllabor zur Messung des Parathormons – ein Ergebnis liegt in fünf Minuten vor. Ein Infrarot-Laser hilft bei der Schonung der Nebenschilddrüsen. Ein 3D-Ultraschall erlaubt eine präzise Kartierung vor dem Eingriff. Technik allein reicht jedoch nicht, entscheidend ist die gezielte Weiterbildung unserer Mitarbeiter.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung in der Chirurgie?
Die Spezialisierung wird weiter zunehmen. Es braucht Operateure, die sich ausschließlich auf dieses Feld konzentrieren. Deshalb ist der Ausbau des Schilddrüsennetzwerks – eine Initiative von InnKlinikum-Medizinvorstand Dr. Wolfgang Richter – der richtige Weg, um eine koordinierte Versorgung in der Region zu gewährleisten.
Was möchten Sie Patientinnen und Patienten mitgeben?
Nehmen Sie Veränderungen der Schilddrüse ernst. Viele Befunde sind harmlos, manche aber nicht. Eine rechtzeitige Abklärung durch Spezialisten kann entscheidend sein.