Die Symptomrechtsprechung am Bau hat Vor- und Nachteile

von Redaktion

Bei Mängeln einmal hindeuten

Vielen privaten Bauherren ist dieses Ohnmachtsgefühl bekannt: allein auf der Baustelle als einziger Laie, umgeben von Staub, lärmenden Maschinen und Menschen, die einem ein baulich perfektes X für ein mangelhaftes U vormachen können. Gegen dieses Ohnmachtsgefühl hat der Bundesgerichtshof (BGH) die sogenannte Symptomrechtsprechung eingeführt. Hier reicht ein Fingerzeig, um offiziell einen Mangel zu deklarieren. Oder, wie es Peter Reinwald vom Verband Privater Bauherren (VPB) ausdrückt: „Bauherren müssen ihre Ansprüche nicht auf einen konkreten Mangel stützen, sie können stattdessen auf die sichtbaren Symptome wie Risse oder Feuchtigkeit am Bauwerk verweisen.“ Damit gelten alle baulichen Zustände, die für diese Erscheinung ursächlich sind, als vertragswidrig.

Nach Abnahme kehrt sich die Beweislast um

„Bis zur Abnahme sollten Bauherren nur die Symptome benennen“, rät Reinwald. So lasse sich eine möglicherweise falsche Ursachenzuordnung vermeiden. „Der Unternehmer könnte sich andernfalls darauf berufen, er habe die vorgegebene Ursache beseitigt.“ Diese Vorzüge haben aber auch Grenzen: Lediglich während der Herstellung – also vor Abnahme des Bauwerks – trägt ein Unternehmen die Beweislast für die Mangelfreiheit seines Werks. Nach der Abnahme kehrt sich die Beweislast für Mängel um: Bauherren müssen nun im Streitfall beweisen können, dass ein Mangel bei Abnahme vorgelegen hat, der durch denjenigen Unternehmer zu verantworten ist, dem gegenüber er die Nachbesserung verlangt.

„Das alleinige Stützen auf das Symptom birgt hier Risiken“, mahnt Reinwald. „Denn bei mehreren Gewerken, die durch verschiedene Vertragspartner ausgeführt wurden, ist oft nicht klar, welches etwa für die Feuchtigkeit im Putz ursächlich ist.“ Vor Erhebung einer Mängelklage sollten private Bauherren daher zur Klärung von Ursachen des Symptoms – und deren Zuordnung zu einem Vertragspartner – immer einen unabhängigen Bausachverständigen heranziehen. Christoph Kastenbauer

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