Umziehen für den Job

von Redaktion

Neustart oder Pendeln: Der Schritt will gut geplant sein

Jobwechsel mit Umzug? Die Entscheidung ist selten einfach. Zwischen Karrierechancen, Gehalt und neuer Lebensqualität einerseits und gewachsenen Freundschaften, Vereinen und vertrauter Umgebung andererseits gilt es, genau abzuwägen. Wer überlegt, für den Job umzuziehen, sollte sich am besten eine ganz klassische Pro- und Contra-Liste erstellen, meint Olaf Struck, Professor für Arbeitswissenschaft an der Universität Bamberg. Was spricht dafür – etwa die Qualität der Arbeit, die netten Kollegen, ein besseres Gehalt und Aufstiegs- oder Lohnsteigerungsmöglichkeiten? Oder ist es die bessere Lebensqualität am neuen Ort, die Nähe zur Verwandtschaft und die Möglichkeit, sich einen Traum zu erfüllen? Wichtig sind aber auch die Bleibeaspekte des Heimatortes, die vielleicht auf die Contra-Seite gehören. Ist man dort stark in Vereine oder Parteien eingebunden und möchte Freundschaften aufrechterhalten, könnte es schwerfallen, das aufzugeben. Denn wer umzieht, muss sich sämtliche Netzwerke erst wieder neu erarbeiten beziehungsweise aufbauen, und Freundschaften wollen aus der Ferne sehr sorgsam gehegt und gepflegt werden. Diese Sog- und Bleibeeffekte gelten nicht nur für die Person, die einen neuen Job beginnen könnte, sondern für alle Familienmitglieder. „Alle Beteiligten sollten sich sämtliche Vor- und Nachteile privater und beruflicher Natur klarmachen, aufschreiben und ganz ehrlich darüber sprechen“, sagt Struck. Seiner Erfahrung nach werde leicht unterschätzt, wie wichtig eine direkte Face-to-Face-Kommunikation für Beziehungen sei. „Viele sind der Auffassung, dass die Liebe zum Partner so groß ist, dass die Beziehung nicht an Ferne scheitern wird, aber dem ist nicht so“, sagt Struck. Eine wechselseitige Teilhabe an den Sorgen und Nöten des Partners oder der Partnerin sei am Telefon kaum möglich.

Welche Faktoren für wen überwiegen oder welchen man mehr Gewicht beimisst, wird ganz individuell und von der Lebenssituation abhängig sein. So fällt es jüngeren Menschen wahrscheinlich leichter, umzuziehen, weil man umso verwurzelter ist, je länger man an einem Ort wohnt. Junge Menschen, denen ein besseres Gehalt und Aufstiegschancen winken, profitieren von beidem länger, weil sie mutmaßlich eine längere Zeit in ihrem neuen Job verbringen werden. „Es ist aber nicht so, dass die Entscheidung für einen Job oder Umzug sich ab einem bestimmten Alter nicht mehr lohnt“, sagt Duncan Roth vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Manch einer will im Alter noch einmal völlig neu anfangen, ist finanziell unabhängiger und kann ein höheres Risiko eingehen. Andere möchten umziehen, um altersgerecht oder in der Nähe der Kinder wohnen zu können.

Generell spielt Geld bei der Entscheidung für oder gegen einen Umzug durchaus eine Rolle, meint Struck. Je mehr Geld zur Verfügung stehe, desto gelassener könne eine Entscheidung getroffen werden. Ein Aspekt, der die finanzielle Belastung deutlich reduzieren kann, ist die Unterstützung durch den Arbeitgeber. Denn es ist möglich, sich vom Arbeitgeber beim Umzug finanziell unter die Arme greifen zu lassen. Das bietet für alle Steuervorteile, ist aber freiwillig. „Es gibt kein Recht auf eine Finanzspritze für den Umzug“, sagt Struck. Wenn die Nachteile eines vollständigen Umzugs überwiegen, gibt es auch Zwischenlösungen. So kann Pendeln oder je nach Job auch Homeoffice eine Option sein. Der Vorteil: Netzwerke und Freundschaften bleiben erhalten, niemand muss aus seinem gewohnten Umfeld gerissen werden. tmn

Artikel 10 von 11