Zuhause bei Englands Lieblingsautorin

von Redaktion

Mit „Stolz und Vorurteil“ oder „Emma“ hat Jane Austen zeitlose Klassiker geschrieben. Am 16. Dezember wird ihr 250. Geburtstag gefeiert. Eine Reise durch Südwestengland.

Der Mann sieht aus wie ein Dandy aus dem vorletzten Jahrhundert, wären da nicht die rosaroten Gummihandschuhe. Martin Salter poliert die Messingklinke des Hauses Nummer 40, Gay Street. Dafür ist sich der meistfotografierte Mann in Bath nicht zu schade. Schließlich sollen die Besucher nur den besten Eindruck von dem georgianischen Stadthaus mitnehmen, in dem die Erinnerung an Englands beliebteste Schriftstellerin, Jane Austen, weiterlebt. Drinnen erzählt ein Film über Austens Leben in Bath. Manuskripte, ein Stammbaum und ein gedeckter Tisch für den Nachmittagstee lassen ihre Welt lebendig werden. Wer will, kann sich ein Kleid aus ihrer Epoche überstreifen.

Für Bath, der Unesco-Welterbe-Stadt mit ihrer georgianischen Architektur, hatte die Tochter eines Landpfarrers eine gewisse Faszination. Die junge Jane, die 1797 in die Stadt kam, war begeistert vom städtischen Leben mit Einkaufsmöglichkeiten und Bällen. Im Roman „Persuasion“, beschreibt sie die Assembly Rooms von Bath, wo im 18. Jahrhundert die feine Gesellschaft unter Kristalllüstern tanzte, tratschte und Tee trank. Auch im neoklassizistischen Pump Room, der sich an die römischen Bäder anschließt, hat Austen sich Inspiration geholt. Hier pflegte man sich unter seinesgleichen kennenzulernen.

Wer Bath besucht und Austen sucht, wird an vielen Orten fündig. Etwa am halbmondförmigen Royal Crescent, bis heute ein architektonisches Highlight. Oder im Victoria Park, wo nur noch die Kutschen fehlen, um sich komplett in Austens Zeit zurück zu versetzen.

Ganz sicher aber kann man irgendwo in Bath einem introvertierten Herrn à la Mr. Darcy begegnen, dem Traummann aus „Stolz und Vorurteil“. Mit ihm und der kecken Elizabeth Bennet hat Austen eines der berühmtesten Liebespaare der Literatur geschaffen. Der Roman wurde mehrfach verfilmt, 2005 mit Keira Knightley, und inspirierte Helen Fielding zu „Bridget Jones’s Diary“.

Jane Austen ist Kult. Dabei passen ihre Heldinnen so gar nicht in die eher aufgeklärte Moderne, finden sie doch am Ende immer den Richtigen. Auch Emma aus dem gleichnamigen Roman macht da keine Ausnahme, obwohl sie sich immer wieder gegen eine arrangierte Ehe ausspricht: „Ich wäre lieber eine Lehrerin an einer Schule – kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als einen Mann zu heiraten, den ich nicht mag.“ Da spricht wohl die unverheiratet gebliebene Austen aus ihrer Heldin. Sie war gerade mal zwölf Stunden verlobt, löste nach einer schlaflosen Nacht die Verbindung zum sechs Jahre jüngeren Mann.

Nachdem ihr Vater 1805 in Bath starb, zog sie mit ihrer Mutter und der ebenfalls unverheirateten Schwester Cassandra für einige Jahre nach Southampton. 1809 stellte Austens Bruder Edward, der von einem reichen Onkel adoptiert worden war, den Frauen ein kleines Landhaus auf seinem Anwesen in Chawton zur Verfügung. Das Häuschen in dem Bilderbuchort, wo Jane bis zu ihrem Tod lebte, ist heute ein Museum.

Hier können die Besucher das bescheidene Bett der Autorin sehen – sie schlief im selben Raum wie ihre Schwester – und den Tisch, an dem sie jeden Morgen nach dem Frühstück schrieb. Die übrige Zeit verging mit Spazierengehen und Lesen. Die Austen-Frauen scheinen trotz der beengten Verhältnisse viel Wert auf das Interieur gelegt zu haben – und auf den sorgfältig angelegten Garten.

Zwar hatte Austen, die so anschaulich große Häuser wie Pemberly in „Stolz und Vorurteil“ beschrieb, nie ein eigenes Heim. Dafür scheint sie oft durch das 400 Jahre alte elisabethanische Herrenhaus, in dem ihr Bruder Edward lebte, gewandelt zu sein. Es ist seit einer gründlichen Restaurierung der Öffentlichkeit zugänglich.

Als die Autorin 1817 erkrankte, fuhr sie mit ihrer Schwester Cassandra am 24. März „bei strömendem Regen“ ins 26 Kilometer entfernte Winchester, wo sie einen Arzt konsultieren wollte. Es sollte ihre letzte Reise sein. „Ich habe zeitweise ziemliches Fieber“, schrieb sie, und: „Krankheit ist in meinem Alter eine gefährliche Schwäche.“ Die Schwestern quartierten sich in der College Street ein, wo Jane am 18. Juli starb, den Kopf im Schoß der Schwester. Jane Austen wurde 41 Jahre alt.

„Sie öffnet ihren Mund mit Weisheit, und gütige Lehre ist auf ihrer Zunge“ steht auf ihrer Grabplatte in der Winchester Cathedral. Im Jubiläumsjahr erinnert eine Ausstellung an die Autorin, die erst nach ihrem Tod so berühmt wurde. Lilo Solcher/srt

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