München – Vor der entscheidenden Phase der Koalitionsverhandlungen in Berlin wächst der Unmut über die Pläne zur Euro-Rettungspolitik. Intern äußerten mehrere Unions-Politiker Bedenken über einen Passus im Sondierungspapier, der den Einfluss von nationalen Parlamenten auf den Entscheidungsprozess über Milliardenhilfen reduzieren könnte. Auch aus der Wirtschaft kommen mahnende Stimmen.
„Das ist ein Sprung ins Dunkle, ins Ungewisse“, sagte der ehemalige CSU-Vize Peter Gauweiler unserer Zeitung. Er halte die Entwicklung für „verhängnisvoll“. Gauweiler hatte mehrfach vor dem Verfassungsgericht für die Rechte des Bundestags in der Euro-Rettungspolitik geklagt. Im Sondierungspapier von Union und SPD heißt es dagegen nun, man wolle den jetzigen Euro-Krisenfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) weiterentwickeln und diesen in Unionsrecht überführen. Kritiker befürchten, dass dann nicht mehr der Bundestag abstimmen dürfte, sondern die Zuständigkeit auf das Europa-Parlament übergeht. Gauweiler zeigte sich erstaunt, dass seine Partei diesen Kurs nicht kritisiere. „Bisher hat die CSU immer auf einer Zustimmungspflicht des Bundestags bestanden und eine Transferunion abgelehnt.“
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, teilt Gauweilers Interpretation des Sondierungspapiers. „Das könnte der Einsteig in ein Euroraum-Budget sein“, sagte Krämer unserer Zeitung. „Ein ESM-Rettungsfonds unter Unionsrecht würde bedeuten, dass der Einfluss einzelner Länder sinken würde.“ Viele andere Euroländer seien sehr für einen ESM unter Unionsrecht. „Denn der ESM weist ungenutzte Ausleih-Kapazitäten von gut 400 Milliarden Euro auf. Das weckt Begehrlichkeiten“, warnte Krämer.
Laut „FAZ“ hatte es auch in der jüngsten Sitzung der Unionsfraktion Bedenken gegen den Eurokurs im Koalitionspapier gegeben. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe dagegen erklärt, Parlamente würden weiter an der Vergabe von Hilfsprogrammen an Krisenstaaten beteiligt. mik/com