München – Angela Merkel hat sich den Fortbestand der Großen Koalition mit weitgehenden Zugeständnissen an die Partner erkauft. Die Bundeskanzlerin verzichtete in den letzten Stunden des Verhandlungsmarathons zugunsten der CSU auf das Innenressort und für die SPD auf das Finanzministerium. In der Fraktionssitzung der Union gab es deshalb am Abend ungewöhnlich laute Kritik an der Kanzlerin. Der Wirtschaftsrat der CDU übte auch inhaltliche Kritik: „Diesem Vertrag kann nicht zugestimmt werden.“
Fast 24 Stunden lang hatten die Unterhändler von Union und SPD in der Nacht zuvor im Konrad-Adenauer-Haus um die letzten Details des Koalitionsvertrags und den Zuschnitt der Ressorts gerungen. Der SPD gelangen dabei in den letzten Streitpunkten – befristete Verträge, Bürgerversicherung, Familiennachzug – nur noch kleinere Erfolge. Dafür punktete sie bei der Ressortverteilung. So stellt die Partei künftig neben dem Außenminister auch den Finanzminister. Dem Vernehmen nach soll der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz dazu nach Berlin wechseln und zudem das Amt des Vizekanzlers übernehmen. Auch das für die Partei wichtige Ressort Arbeit und Soziales bleibt bei der SPD.
Der CSU wird im neuen Kabinett wieder drei Ressort bekleiden und zum Teil deutlich aufgewertet. Statt dem Landwirtschafts- stellt die Partei künftig den Bundesinnenminister, was vor allem die Asylpolitik der neuen Koalition prägen dürfte. Das Haus wird zudem mit den Bereichen Heimat und Bau gestärkt. Es soll von CSU-Chef Horst Seehofer geführt werden, der nach zehn Jahren in München wieder nach Berlin wechselt. Als wahrscheinlichste weitere Minister gelten Andreas Scheuer (Verkehr) und Dorothee Bär (Entwicklung).
Keine Beachtung finden im Kabinett bislang Kandidaten, die als Nachfolger für Merkel gehandelt wurden. Weder Annegret Kramp-Karrenbauer noch Jens Spahn sollen im Kabinett vertreten sein. Merkel sagte am Abend aber, eine endgültige Entscheidung sei nicht gefallen. mik