Scharfe Kritik an Essener Tafel

von Redaktion

Aufnahmestopp für Migranten bleibt bestehen – Kritiker beklagen „fatales Signal“

München – Die Entscheidung der Essener Tafel, vorerst keine neuen Migranten mehr als Bedürftige aufzunehmen, hat eine bundesweite Debatte ausgelöst. Mehrere andere Träger, darunter die aus München und Berlin, distanzierten sich energisch.

Der Vorsitzende der Essener Tafel verteidigte den umstrittenen Schritt. „Ich stehe dazu“, sagte Jörg Sartor. Es sei im Tafel-Vorstand lange über den Entschluss diskutiert worden, abgesehen von den bisherigen Kunden vorerst keine weiteren Migranten mehr aufzunehmen. „Wir wollten erreichen, dass der Weg in die Tafel für alle wieder offen ist“, sagte Sartor. Zuletzt seien weniger Alleinerziehende und Rentner gekommen. „Wir wollen, dass auch die deutsche Oma weiter zu uns kommt.“ Der Aufnahmestopp sei nur vorübergehend.

Nach den Grundsätzen des Dachverbandes „Tafel Deutschland e.V.“ sei die Hilfe der gemeinnützigen Essensausgaben für alle gedacht, die dieser Unterstützung bedürften, sagte die Vorsitzende der Berliner Tafel, Sabine Werth. „Für die Berliner Tafel gibt es keine Bedürftigen erster oder zweiter Klasse.“ Er sei „absolut sprachlos“, sagte Gregor Tschung von der Münchner Tafel. „Hier werden Bedürftige gegen Bedürftige ausgespielt, das ist ein fatales Signal.“ Von Problemen wie in Essen berichtete Tschung nicht. „Der Ausländeranteil bei uns ist dem der Stadt entsprechend“, sagte er. Auch habe er keinerlei Rangeleien zwischen Deutschen und Migranten in der Warteschlange beobachtet.

Alarmiert zeigte sich hingegen der als Tafel-Kritiker bekannt gewordene Professor Stefan Selke. Er sagte unserer Zeitung: „Wenn es jetzt zu einem Verteilungskampf unter den Bedürftigen kommt, dann hat das Ehrenamt endgültig seine Grenze erreicht. Die Helfer können keine soziale Gerechtigkeit herstellen, das muss der Sozialstaat tun.“

Tafeln bewahren Lebensmittel vor der Vernichtung und verteilen sie an Bedürftige. Die Empfänger müssen Hartz IV, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen und nachweisen. Das kann auch auf anerkannte Asylbewerber zutreffen, die nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften leben.  pjk/bim/afp/dpa

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