Berlin – Niederlage für Angela Merkel: Die Unionsfraktion im Bundestag hat ihren Vorsitzenden Volker Kauder nach 13 Jahren im Amt überraschend gestürzt und seinen bisherigen Vize Ralph Brinkhaus zum Nachfolger gewählt. Der 50-Jährige gewann am Dienstag in Berlin mit 125 zu 112 Stimmen die Kampfabstimmung gegen den 69 Jahre alten Vertrauten von Kanzlerin Angela Merkel. Der Erfolg des Abgeordneten aus Gütersloh ist nach zwei dramatischen Regierungskrisen innerhalb weniger Monate ein deutliches Zeichen des schwindenden Rückhalts für Merkel in der Fraktion – und das wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen.
Merkel, die Kauders Wahl ausdrücklich empfohlen hatte, erklärte in einer ersten Reaktion, sie habe Brinkhaus eine „gute Zusammenarbeit“ angeboten. Es sei eine Stunde der Demokratie, und da gebe es auch Niederlagen. „Da gibt es auch nichts zu beschönigen“, sagte die Kanzlerin. Merkel dankte Kauder für die Zusammenarbeit in den vergangenen 13 Jahren.
Bei der Abstimmung hatten sich zwei Abgeordnete enthalten. Brinkhaus erhielt damit 52,7 Prozent, Kauder nur 47,3 Prozent. Nicht nur Merkel hatte für die Wiederwahl Kauders geworben. Auch der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprachen sich wiederholt für Kauder aus.
Vor der Wahl war damit gerechnet worden, dass Abgeordnete gerade aus der seit Langem Merkel-kritischen CSU-Gruppe ein Zeichen gegen die Kanzlerin setzen wollen und deshalb für Brinkhaus stimmen würden. Die Wahl ist geheim – Konsequenzen müssen sie nicht befürchten.
Brinkhaus hatte seine Kandidatur mit dem Wunsch nach einer aktiveren Rolle der Fraktion gegenüber der Regierung begründet. Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit Merkel, sagte er nach der Fraktionssitzung – „da passt zwischen uns kein Blatt Papier“ Und: „Die Fraktion steht ganz fest hinter Angela Merkel“. Der Koalitionspartner SPD und die Opposition sehen in der Entscheidung hingegen ein klares Votum gegen die Kanzlerin. Thomas Oppermann (SPD) sprach gar von einem „Aufstand gegen Merkel“.