München – Nach den schweren Verlusten für CDU und SPD bei der Europawahl steuert die Große Koalition auf weitere heftige Turbulenzen zu. Am kommenden Montag will die SPD über Konsequenzen und eine härtere inhaltliche Gangart entscheiden. Parteichefin Andrea Nahles schloss einen Rücktritt aus. „Die Verantwortung, die ich habe, spüre ich auch. Die will ich aber auch ausfüllen“, sagte sie in Berlin. Allerdings kündigte sie an, über den SPD-Fraktionsvorsitz schon nächste Woche abstimmen zu lassen – und nicht erst im September.
Der CSU-Vorsitzende Markus Söder kündigte an, der Umgang werde rauer werden. Die SPD müsse eine Grundsatzentscheidung treffen, ob sie die Koalition aus „innerer Leidenschaft“ erfüllen wolle, sagte Söder: „Eine GroKo über die Zeit zu retten, ist der falsche Weg.“ Die SPD-Entscheidung müsse dann „endgültig“ sein.
Das anstehende Klimaschutzgesetz, das die SPD beschleunigen will, könnte zur nächsten Machtprobe in der Koalition werden. Die SPD war am Sonntag bundesweit auf 15,8 Prozent gefallen, Platz drei hinter den Grünen (20,5 Prozent). Die CDU rutschte um über sieben Punkte auf 22,6 Prozent ab; die CSU stieg leicht auf 6,3 Prozent (bayernweit: 40,7 Prozent). In CDU und CSU gibt es Unruhe wegen der schlechten Werte bei jungen Wählern, die deutlich zu den Grünen tendierten.
Eine größere Kabinettsumbildung soll es kurzfristig nicht geben. Planmäßig reichte Justizministerin Katarina Barley (SPD) ihren Rücktritt ein. Sie ist ins Europaparlament gewählt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte intern an, das in Kürze in der CSU frei werdende Bundestagsmandat (Marlene Mortler wechselt nach Brüssel) als Nachrücker nicht anzunehmen, sondern in München zu bleiben.
Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck warnte trotz der massiven Gewinne vor einer Debatte um eine Kanzlerkandidatur: Die Grünen sollten nicht „um uns selbst kreisen“. cd/mik