Brüssel – Im Ringen um die Nominierung des neuen EU-Kommissionspräsidenten ließ das EU-Parlament am Dienstag vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs die Muskeln spielen. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, die Fraktionschefs bekräftigten zur „Stärkung von Europas Demokratie“ ihre „Entschlossenheit“, an dem Spitzenkandidaten-Modell festzuhalten. Demnach würde einer der Spitzenkandidaten der Parteienfamilien auch Kommissionspräsident. Dies sei ein klares Signal an den Gipfel, erklärte der sozialdemokratische Fraktionschef Udo Bullmann: „Versucht es erst gar nicht.“
Die Liberalen, denen sich auch die Partei von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron anschließen will, lehnen das ab. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) steht dem Spitzenkandidatenmodell persönlich skeptisch gegenüber. Sie unterstützt dennoch den deutschen Bewerber der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber. Er gilt als Favorit, weil die EVP im Parlament mit 179 Sitzen weiter stärkste Fraktion ist.
Macron sieht die Personalie Weber mit großer Skepsis: „Wir brauchen die Besten“, sagte er gestern Abend nach Ende des EU-Sondergipfels in Brüssel. Wenn die Lager im Parlament auf die Kür ihrer Spitzenkandidaten beharrten, werde es eine Blockade geben. Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte: „Es kann keinen Automatismus geben“
Die EU will nach den Worten von Merkel möglichst bis Ende Juni einen neuen Kommissionspräsidenten auswählen. Die Kanzlerin erneuerte gestern Abend ihren Appell, die Personalentscheidungen im Konsens zu suchen.