Brüssel – Bahnreisende in Europa sollen nach dem Willen der EU-Staaten künftig weniger Entschädigungsansprüche bei Verspätungen haben. Die EU-Verkehrsminister verständigten sich in Brüssel darauf, Bahnunternehmen in Fällen höherer Gewalt – etwa bei extremen Wetterbedingungen – von der Entschädigungspflicht zu befreien. Von Verbraucherschützern kam scharfe Kritik. Bevor die Änderungen in Kraft treten können, müsste noch eine Verständigung mit dem Europaparlament gefunden werden. Die ist bislang fraglich.
Die EU-Kommission hatte 2017 vorgeschlagen, dass Bahnunternehmen – ähnlich wie Airlines – bei Verspätungen oder Ausfällen nicht zahlen müssten, wenn sie für die Umstände nicht verantwortlich seien. Das EU-Parlament hatte sich 2018 gegen diese Änderung ausgesprochen. Nun erklärten die Verkehrsminister, mit der Befreiung von der Haftung in Fällen höherer Gewalt würden faire Wettbewerbsbedingungen gegenüber anderen Verkehrsträgern geschaffen.
„Es geht darum, einen guten Ausgleich zu erzielen zwischen den Interessen der Fahrgäste und den Eisenbahnunternehmen“, sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). „Wenn höhere Gewalt einfach zu Verspätungen führt, dann muss man schon auch Verständnis haben.“
Der Chef der Bundeszentrale Verbraucherverband, Klaus Müller, nannte die Einigung eine „falsche und paradoxe Entscheidung“. Er warf den Ministern und Scheuer vor, damit Fahrgastrechte abzusenken. Derzeit erstattet die Bahn ab einer Verspätung von einer Stunde am Zielbahnhof ein Viertel des Fahrpreises. Ab zwei Stunden ist es die Hälfte.