Bad Aibling – Vor 75 Jahren lösten sich die letzten Reste von Hitlers Wehrmacht in Oberbayern auf, Zehntausende von Soldaten wurden von der siegreichen US-Armee im Mai 1945 „eingesammelt“. Im Bad Aiblinger Ortsteil Mietraching richteten die US-Soldaten ein Gefangenenlager ein: ein Provisorium auf dem Gelände eines Luftwaffen- Stützpunkts, das gigantische Ausmaße erreichte.
Rund 60000 Menschen dürften zwischen Stacheldraht eingepfercht gewesen sein, um auf Entlausung und Entlassung zu warten. Insgesamt bis rund 750000 Soldaten sollen bis Sommer 1946 das Lager „PEW No. 26“ durchlaufen haben. Die Gefangenen harrten unter erbärmlichen Umständen aus: Nur wer eine Zeltbahn besaß, konnte sich einen Unterstand bauen, Tausende aber lagen und standen bei Schnee und Regen im kalten Frühling 1945 auf der bloßen Erde.
Die Amerikaner mussten, von der Masse der Gefangenen offenbar überrascht, improvisieren: Die Verpflegung bestand in guten Fällen aus einer Ein-Mann-Ration der US-Armee für vier Gefangene, in schlechten Fällen aus einer dünnen Wassersuppe und einem Kanten Brot. Mietraching wurde so für zahllose Soldaten und auch Schergen des Nazi-Regimes zu einem kalten Fegefeuer. Wer Glück hatte, wurde nach vier Wochen mit ordentlichen Papieren entlassen. Andere mussten Zwangsarbeit leisten, etwa in französischen Bergwerken.
Auch einige Prominente mussten PWE No. 26 über sich ergehen lassen. Der spätere Literaturnobelpreisträger Günter Grass etwa, und auch ein gewisser Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt.
Heute befindet sich an der Stelle von PWE No. 26 der Sportpark Bad Aibling. Doch engagierte Bürger im Historischen Verein Bad Aibling halten die Erinnerung an das größte Kriegsgefangenenlager in Süddeutschland nach wie vor wach. we » REGION, SEITE 35