München – Der Münchner Kardinal Reinhard Marx räumt persönliche Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen ein, will aber vorerst im Amt bleiben. Zugleich zeigte er sich gestern in München offen für einen Rückzug, wenn er bei der weiteren Aufarbeitung „eher Hindernis als Hilfe“ sei: „Ich klebe nicht an meinem Amt“.
Eine Woche nach der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl betonte Marx: „Das Angebot des Amtsverzichts im letzten Jahr war sehr ernst gemeint. Papst Franziskus hat anders entschieden und mich aufgefordert, meinen Dienst verantwortlich weiterzuführen.“
Betroffene von Missbrauch und alle Gläubigen bat Marx um Entschuldigung. Zugleich kritisierte er alle, die von einem „Missbrauch des Missbrauchs“ redeten. „Wer jetzt noch systemische Ursachen leugnet und einer notwendigen Reform der Kirche in Haltungen und Strukturen entgegentritt, hat die Herausforderung nicht verstanden.“
Als Konsequenz aus dem Gutachten lässt der oberste Kirchenrichter Lorenz Wolf alle Ämter ruhen – auch das des Vorsitzenden des BR-Rundfunkrates. Er will sich später zu den Vorwürfen äußern, die im Gutachten gegen ihn erhoben werden. FDP und Grüne fordern seinen Rücktritt.
Missbrauchsbetroffene kritisierten den Kardinal: „Vor einer Woche ist das Schiff auf Grund gelaufen, und heute erklärt uns der Kapitän, dass er aber unbedingt an Deck bleiben muss und das Steuer nicht aus der Hand geben kann“, sagte Matthias Katsch, Sprecher der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, zeigte sich indes beeindruckt vom Schuldeingeständnis des Kardinals.