München – Eine mögliche Verschärfung der Russland-Sanktionen infolge eines Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine wäre für die bayerische Wirtschaft verkraftbar, doch drohen bei der Gasversorgung des Freistaats Engpässe. Das geht aus jetzt vorgelegten Zahlen der Bayerischen Industrie- und Handelskammer (BIHK) hervor. Die Bedeutung Russlands für den bayerischen Außenhandel insgesamt ist seit 2014, als die aktuell gültigen Sanktionen wegen der Annexion der Krim in Kraft traten, deutlich gesunken: Laut BIHK liegt die Russische Föderation nur noch auf Platz 17 der bayerischen Handelspartner. Im ersten Halbjahr 2021 gingen 1,6 Prozent der Ausfuhren aus dem Freistaat nach Russland. Das entspricht einer Summe von etwa drei Milliarden Euro.
Allerdings ist die Abhängigkeit bei Energie weiter groß: „Von zentraler Bedeutung ist Russlands Beitrag zur bayerischen Energieversorgung: 36 Prozent der Erdöl- und Erdgasimporte Bayerns stammen aus Russland“, so die BIHK. Bayern kaufte im Jahr 2020 Öl und Erdgas im Wert von 2,84 Milliarden Euro in Russland ein. Zweitwichtigstes Importgut waren Metalle für 280 Millionen Euro. Im abgelaufenen Jahr nahmen die Importe aus Russland – vor allem wegen der gestiegenen Energiepreise – bis November 2021 um 65 Prozent zu. Vor allem die industriebasierte bayerische Wirtschaft ist auf zuverlässige Energielieferungen angewiesen.
Experten setzen große Hoffnungen auf sogenanntes LNG, also komprimiertes Erdgas, das in Tankern zu speziellen Hafenterminals geliefert werden kann. Deutschland selbst verfügt nicht über solche Terminals, kann aber über europäische Häfen wie etwa in den Niederlanden versorgt werden. 2020 waren die USA und Katar die wichtigsten Lieferländer für Flüssiggas. Die Tanker liefen bisher vor allem asiatische Häfen an. Wegen des hohen Preisniveaus wollen die beiden Länder aber nun auch vermehrt Europa beliefern. Im Dezember 2021 lagen die deutschen Preise für Erdgas fast 270 Prozent über dem Vorjahresniveau. mm