Berlin/Bonn – Im Koalitionsstreit über die weitere Nutzung von Atomkraftwerken wächst der Zeitdruck, doch eine Lösung zeichnet sich nicht ab. Die Grünen beschlossen die Position ihrer Parteiführung am Wochenende auch formal. FDP-Finanzminister Christian Lindner warnte hingegen vor roten Linien. Die SPD hielt sich mit einer eigenen Positionierung weiter zurück. Erwartet wurde, dass sich Kanzler Olaf Scholz (SPD), Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck und Lindner zeitnah zusammensetzen und einen Ausweg suchen.
Der Grünen-Parteitag hatte mit klarer Mehrheit den bisherigen Kurs der Parteiführung beschlossen: Die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 sollen maximal bis zum 15. April in Reserve gehalten und bei Bedarf weiter für die Stromerzeugung genutzt werden; das dritte noch verbleibende AKW Emsland hingegen soll zum 1. Januar 2023 endgültig abgeschaltet werden.
Die FDP verlangt angesichts stark gestiegener Energiepreise dagegen einen Weiterbetrieb aller drei Kraftwerke bis ins Jahr 2024 und gegebenenfalls die Reaktivierung bereits stillgelegter AKW. Dafür müssten auch neue Brennstäbe beschafft werden, was die Grünen ebenfalls ablehnen.
CDU-Chef Friedrich Merz sagte mit Blick auf die Grünen-Beschlüsse, man sei dabei, sich „in die Geiselhaft einer grünen Partei zu begeben, die aus rein ideologischen Gründen diesen vernünftigen Weg, den die überwältigende Mehrheit der Menschen in Deutschland für vernünftig hält, blockiert – nur damit der Gründungsmythos dieser Partei unbeschädigt diesen Parteitag überlebt“.