Ruhpolding – Knapp 100 Bürger hatten sich in der katholischen Pfarrkirche St. Georg hoch über Ruhpolding eingefunden, um in einer ökumenischen Gedenkandacht Abschied von einem unbekannten Säugling zu nehmen. Der Bub war gewaltsam zu Tode gekommen und am Sonntag in der Nähe des Wanderparkplatzes Seekopf an einem Weg Richtung Förchensee abgelegt worden. Von Mutter, Vater oder Beteiligten gibt es nach wie vor keine Spur.
„Etwas ganz Furchtbares ist passiert“, sagte Ruhpoldings evangelischer Pfarrer Bernd Reuther. „Ich war schockiert, wie viele in der Region“, betonte Reuther. Man müsse den Fall als Dorfgemeinschaft gemeinsam tragen.
Zuvor ließ der katholische Pfarrer Otto Stangl das Lied 422 aus dem Gotteslob anstimmen, ein eher unbekanntes. „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr, fremd wie dein Name sind mir deine Wege“, so beginnt die erste Strophe. Er ging darauf ein, sprach von einer menschlichen Tragödie, zitierte weitere Strophen und erklärte sie.
Weiter keine
Spur von den Eltern
Im Anschluss an die Gedenkandacht führten beide Pfarrer die Gruppe in einem gemeinsamen Weg der Stille zur 300 Meter entfernten Mariensäule oberhalb des ehemaligen Altenheims St. Adelheid. Viele hatten Grablichter dabei und stellten sie vor der Marienfigur ab. Daneben steht eine Tafel mit zwei Botschaften: „Wir sind betroffen von der Tragödie des gewaltsamen Todes des aufgefundenen Säuglings.“ Und darunter: „Wir beten auch für alle Kinder und Jugendliche, die Opfer von Gewalttaten, Krieg, Hunger und Terror sind.“
Ruhpoldings Bürgermeister sprach von einer würdevollen Andacht: „Der tote Säugling berührt den gesamten Ort, das sieht man an der großen Anteilnahme. Wir hoffen, dass die Polizei bei aller Tragik den Fall lösen kann.“
An der Seite des Gemeindeoberhaupts stand Gerrit Gottwald, Leiter der Polizeiinspektion Traunstein, der mit einigen Kollegen aus seinem Haus gekommen war. Der Polizeirat zeigte sich optimistisch: „Mit den neuesten technischen Mitteln haben wir da schon Möglichkeiten, den Fall aufzuklären.“
Die Beerdigung findet am 28. Dezember statt. In der kirchlichen Bedeutung ist es der Tag des unschuldigen Kindes. Er geht auf das sechste Jahrhundert zurück. Laut Bibel ließ König Herodes an diesem Tag die Kinder von Bethlehem töten, in der Hoffnung, dabei auch Jesus zu erwischen.