Moskau/Warschau – Rede-Fernduell vor dem Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine: In Moskau hat Präsident Wladimir Putin die Aussetzung des letzten großen Atom-Abrüstungsvertrags angekündigt – in Warschau beschwor US-Präsident Joe Biden die Stärke der Demokratie. Einen Tag nach seinem demonstrativen Besuch in Kiew zollte Biden mit dem Auftritt in Polen einem der konsequentesten Unterstützer der Ukraine Anerkennung.
Kreml-Chef Putin sagte in seiner Rede zur Lage der Nation, dass es sich bei der Abkehr vom „New-Start“-Abrüstungsvertrag mit den USA von 2010 um eine Aussetzung handele, keinen Ausstieg. Den USA warf er ein „Theater des Absurden“ vor – weil Washington Moskau beschuldigt, keine Experten zur Inspektion der atomaren Verteidigungsanlagen ins Land zu lassen. Das Außenministerium in Moskau stellte jedoch am Abend überraschend klar, dass man sich trotz Putins Ankündigung weiter an die Begrenzung seines Atomwaffenarsenals im Rahmen des Abkommens halten werde.
In Berlin wurde Putins Äußerung dennoch mit Besorgnis aufgenommen. „Der russische Präsident ist auf einem Pfad unterwegs, der sehr bedrückend ist“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Es müsse alles getan werden, um die Sicherheit des Planeten zu gewährleisten.
Russland verfolgt offenbar auch Pläne für eine schrittweise Übernahme seines Nachbarlandes Belarus. Das legt ein 17-seitiges Dokument aus der Moskauer Präsidialverwaltung vom Sommer 2021 nahe, über das die „SZ“ berichtet. Das Land soll politisch, wirtschaftlich und militärisch unterwandert werden.