München – Die katholische Kirche in Deutschland verliert dramatisch an Zuspruch: 2022 sind mehr als eine halbe Million Frauen und Männer ausgetreten. Damit wurde der Negativ-Rekord von 2021, als 359 338 Mitglieder der Kirche den Rücken kehrten, noch übertroffen. Wie aus den Zahlen, die die Deutsche Bischofskonferenz gestern veröffentlichte, hervorgeht, verlor allein das Münchner Erzbistum 49 029 Katholiken – es liegt damit hinter Köln (51 345 Austritte) an zweiter Stelle der 27 deutschen Bistümer.
Die Zahlen seien „nicht zu beschönigen“, die Entwicklung sei besorgniserregend, teilte der Generalvikar des Münchner Erzbistums, Christoph Klingan, mit. Viele Menschen würden als Grund die Fälle sexuellen Missbrauchs und des mangelhaften Umgangs damit nennen. Man werde den eingeschlagenen Weg konsequenter Aufarbeitung weitergehen.
Auch Politiker zeigten sich besorgt über die Entwicklung. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) nennt die Zahlen erschreckend: „Als Katholikin bin ich alarmiert“, sagte sie unserer Zeitung. Die Kirchen seien immer noch ein Fundament der Gesellschaft, in den Pfarrgemeinden werde viel für den Zusammenhalt der Menschen geleistet. In den „Synodalen Weg“ habe sie große Hoffnung gesetzt. Doch die Weltkirche in Rom sehe ihn kritisch, einige deutsche Bischöfe blockierten. „Manchmal habe ich den Eindruck, die Kirche schafft sich lieber ab, anstatt sich neu zu erfinden“, sagte Aigner. Landtags-Vizepräsident Markus Rinderspacher (SPD) kritisierte, die Kirche lasse keinerlei Reformwillen und Aufbruchsgeist erkennen. cm/mik