Söder setzt Aiwanger unter Druck

von Redaktion

Trotz Krisentreffen: Minister muss 25 Fragen schriftlich beantworten

München – Die Regierungskrise in Bayern ist trotz eines Treffens des Koalitionsausschusses nicht vom Tisch. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte die Freien Wähler zu dem Treffen „einbestellt“, wie er am Dienstag erklärte. Doch die Ausführungen Hubert Aiwangers zum antisemitischen Flugblatt aus seiner Schulzeit stellen die CSU-Spitze nicht zufrieden. Sie will dem FW-Vorsitzenden deshalb „zeitnah“ 25 Fragen zukommen lassen, die dieser schriftlich beantworten muss. Eine Frist zur Beantwortung der Fragen nannte Söder nicht. Aiwanger habe Antworten „nach bestem Wissen und Gewissen“ zugesagt.

„Schon jetzt ist in der Tat der Schaden für den Ruf Bayerns hoch“, sagte Söder. Die Opposition hatte eine Entlassung des Ministers gefordert. Dafür reiche die Beweislage aber nicht aus, betonte Söder. Das jetzige Vorgehen sei auch kein „Freispruch“. Es dürfe an Vorwürfen und Widersprüchen „nichts mehr hinzukommen“. Der Ministerpräsident bekannte sich klar zum Bündnis mit den Freien Wählern. Doch in der CSU gibt es Überlegungen, Aiwanger könne künftig nicht mehr Teil der Regierung sein, sondern zum Beispiel als Fraktionschef der Freien Wähler fungieren. Dass sich der kleine Koalitionspartner darauf einlässt, ist unwahrscheinlich.

Die Opposition im Landtag nannte das Vorgehen unzureichend. Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze forderte, Söder könne die Verantwortung nicht wieder an die Freien Wähler abschieben. „Schluss mit der Hinhaltetaktik von Markus Söder“, sagte sie. „Hubert Aiwanger ist nicht mehr tragbar.“ Der Co-Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann kritisierte, anstatt Konsequenzen zu ziehen, ducke Söder sich weg und wolle lieber weiter mit einem Stellvertreter regieren, „der größte Zweifel an seiner demokratischen Gesinnung hinterlässt“.

Gemeinsam mit SPD und FDP wollen die Grünen eine Sondersitzung des Landtags einberufen, der eigentlich in der Sommerpause ist. Vermutlich wird nur der sogenannte Zwischenausschuss zusammenkommen. Dieses Gremium kann nach der letzten Plenarsitzung vor Wahlen dringliche Angelegenheiten behandeln. Nur ein Teil der Abgeordneten ist dort Mitglied.

Aiwanger selbst ließ eine Anfrage unbeantwortet. Seine Social-Media-Aktivitäten hat er seit Bekanntwerden der Vorwürfe eingestellt. Bei den Freien Wählern genießt der Parteivorsitzende volle Rückendeckung. Der parlamentarische Geschäftsführer Fabian Mehring sprach von einem „Kesseltreiben“. Generalsekretärin Susann Enders fragte mit Blick auf Aiwangers Bruder Helmut, der die Verantwortung für das Flugblatt übernommen hat: „Gilt in Bayern Sippenhaft – und wie steht es mit Vorverurteilung und Unschuldsvermutung?“

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