München – Der in der Flugblattaffäre unter Druck geratene Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger hat erstmals Verfehlungen in seiner Jugendzeit eingeräumt. „Es ist auf alle Fälle so, dass vielleicht in der Jugendzeit das eine oder andere so oder so interpretiert werden kann, was als 15-Jähriger hier mir vorgeworfen wird“, sagte er am Mittwoch in Donauwörth. „Aber auf alle Fälle, ich sag seit dem Erwachsenenalter, die letzten Jahrzehnte: kein Antisemit, kein Extremist, sondern ein Menschenfreund.“ Zuvor hatten sich weitere Zeugen gemeldet, die berichteten, Aiwanger habe als Schüler wiederholt den Hitlergruß gezeigt und Judenwitze gemacht. Dem Freie-Wähler-Chef wird vorgeworfen, an der Verbreitung einer Hetzschrift beteiligt gewesen zu sein. Bisher hatte er alle Vorwürfe bestritten.
Unterdessen erreichen die Vorgänge in der bayerischen Koalition die Bundespolitik. „All das, was bisher bekannt geworden ist, ist sehr bedrückend“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Kabinettsklausur in Meseberg. Er forderte erneut Aufklärung. Danach müssten „die notwendigen Konsequenzen daraus gezogen werden“.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte den Umgang Aiwangers mit den Berichten „unaufrichtig“. Finanzminister Lindner (FDP) nannte die Vorwürfe „bestürzend“. Aiwangers Umgang damit und „die Aufklärungsbereitschaft“ seien „nicht glaubwürdig“. Auch er forderte Konsequenzen – „die er selber ziehen muss, oder der bayerische Regierungschef“.
Ministerpräsident Markus Söder hat seinem Stellvertreter wie angekündigt einen Katalog von 25 Fragen übermittelt. Er erwarte maximale Transparenz, so der CSU-Vorsitzende. hor/mik
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