Düsseldorf – Schwerer Schlag für die Aufklärung des Cum-Ex-Skandals: Chefermittlerin Anne Brorhilker hat gekündigt. Sie reichte am Montag ihre Entlassung aus dem Justizdienst zu Ende Mai ein, wie ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Köln erklärte. Man bedauere diesen Schritt. Brorhilker habe sich „in herausragender Weise für die Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen verdient gemacht“. Sie wechselt als Geschäftsführerin zur Bürgerbewegung Finanzwende.
Die Oberstaatsanwältin leitet bislang die Ermittlungen im Milliarden-Steuerskandal um Cum-Ex-Geschäfte, mit denen Banken und Investoren den Staat jahrelang um Milliarden prellten. Der Fiskus wurde ausgetrickst, so dass Kapitalertragsteuern mehrfach zurückerstattet wurden. Die Praxis war seit Anfang der 2000er-Jahre bei vielen Banken im In- und Ausland üblich. 2021 bestätigte der Bundesgerichtshof die Strafbarkeit solcher Geschäfte.
Derzeit wird nach WDR-Angaben gegen mehr als 1700 Beschuldigte ermittelt. Geschätzte zwölf Milliarden Euro sollen Cum-Ex-Geschäfte die Steuerzahler gekostet haben. Im WDR übte Brorhilker Kritik an der Politik. „Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird“, sagte sie dem Sender.
Die Politik habe elf Jahre nach Bekanntwerden der ersten Cum-Ex-Fälle noch immer nicht hinreichend reagiert. Steuerdiebstähle seien längst nicht gestoppt, es gebe Cum-Ex-Nachfolgemodelle. Brorhilker sprach sich für mehr Personal in der Strafverfolgung aus.