Berlin/Prag – Kurswechsel in der deutschen Ukraine-Politik: Kiew darf von Deutschland gelieferte Waffen jetzt auch gegen militärische Ziele in Russland abfeuern. Regierungssprecher Steffen Hebestreit machte die Entscheidung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag wenige Stunden nach einer ähnlichen Ankündigung der USA öffentlich. Sowohl Deutschland als auch die USA begründeten das mit der russischen Offensive gegen die ost-ukrainische Region Charkiw.
Bislang gilt die Erlaubnis ausschließlich für Gegenschläge zur Verteidigung von Charkiw. US-Außenminister Antony Blinken schließt aber eine Ausweitung auf Ziele, die tiefer in Russland liegen, nicht aus. Man werde weiterhin „bei Bedarf anpassen und nachbessern“, sagte Blinken.
Die Nato hatte in den vergangenen Tagen massiv Druck gemacht, die Einsatzbeschränkungen für Waffenlieferungen aufzuheben. „Es ergibt nur Sinn, diese Angriffe zu stoppen, bevor sie auf ukrainischem Gebiet stattfinden“, sagte auch Tschechiens Außenminister Jan Lipavsky. Ähnlich äußerten sich Vertreter von rund einem Dutzend weiterer Länder, darunter die Baltenstaaten und Finnland. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich hingegen verärgert über die Debatte: Man dürfe nicht „jedes Detail, wie die Ukraine sich verteidigt, in der Öffentlichkeit ausbreiten“. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban beschuldigt seine westlichen Verbündeten, Ungarn wie schon im Ersten und Zweiten Weltkrieg in einen Konflikt hineinziehen zu wollen.