Berlin – Elf Monate vor der Bundestagswahl zeigt sich die Ampel-Koalition in wesentlichen Politikbereichen zerstritten – womöglich heillos. Am Wochenende setzten mehrere Politiker von SPD, Grünen und FDP gegenseitige Vorwürfe fort. Unionspolitiker wiederholten ihre Forderung, Bundespräsident Steinmeier müsse vermitteln.
Aktuell streitet die Koalition über die Wirtschaftspolitik. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat für Dienstag zu einem Industriegipfel im Kanzleramt eingeladen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bleiben außen vor. Die FDP-Fraktion – mit Lindner – will sich am selben Tag ihrerseits mit Wirtschaftsvertretern treffen. Habeck wiederum schlug nach Scholz‘ Ankündigung einen schuldenfinanzierten „Deutschlandfonds“ vor, mit dem Investitionen gefördert werden sollen.
SPD und Grüne reagierten verärgert auf das FDP-Wirtschaftstreffen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nannte dieses „schlicht albern“ und mahnte in der „Rhein-Neckar-Zeitung“, Lindner solle „sich auf sein Ressort konzentrieren und nicht versuchen, mit einer eigenen Veranstaltung die Arbeit des Kanzlers zu torpedieren“. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch kritisierte: „Die Zeiten sind zu ernst für Gipfel-Ping-Pong.“ Audretsch warb für Habecks Vorschlag eines Investitionsfonds. Mützenich ging dazu auf Distanz und verwies darauf, dass dies nicht ohne Opposition klappe. Generell hätte er auf Habecks Impuls „gut verzichten können“.
SPD-Chefin Esken verlangte massive staatliche Investitionen von bis zu 600 Milliarden Euro in den nächsten Jahren, um die Wirtschaft anzukurbeln. „Jetzt ist nicht die Zeit zu sparen, jetzt muss investiert werden“, sagte sie. FDP-Fraktionschef Christian Dürr warf SPD und Grünen vor, bereits beschlossene Steuerentlastungen zu blockieren. Dürr warnte: „Unsere Geduld ist endlich.“ Die FDP will beim Bürgergeld kürzen. »KOMMENTAR