Scholz immer mehr unter Druck

von Redaktion

Wachsende Unterstützung für Pistorius – Kanzler kürzt Reise ab

München/Berlin – Weniger als 100 Tage vor der Bundestagswahl bringt die SPD die Debatte über den richtigen Kanzlerkandidaten nicht mehr unter Kontrolle. Mehrere einflussreiche Vertreter meldeten sich mit einer deutlichen Parteinahme für den Verteidigungsminister Boris Pistorius zu Wort. Sie setzten sich damit über Appelle der Parteiführung hinweg, Geschlossenheit zu wahren. Aus der SPD-Spitze hatte es zuletzt überwiegend geheißen, eine Aufstellung von Bundeskanzler Olaf Scholz sei „beschlossene Sache“.

Der Sprecher der Ruhr-SPD im Bundestag, Markus Töns, äußerte sich nun hingegen kritisch über den Amtsinhaber. Nach dem Koalitionsbruch brauche es einen „Neustart“, und dieser wäre „mit Boris Pistorius leichter als mit Olaf Scholz“, sagte er dem „Stern“. Zuvor hatten die beiden Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe, Wiebke Esdar und Dirk Wiese, in einer schriftlichen Erklärung beklagt, mit Scholz stünden die Wahlchancen schlechter. Dessen Ansehen sei „stark mit der Ampel-Koalition verknüpft“. Juso-Chef Philipp Türmer mahnte im „Spiegel“: „Bei Scholz muss die Parteispitze beantworten, wie wir die schlechte Stimmung drehen und verloren gegangenes Vertrauen wieder herstellen.“

Pistorius sagte Scholz seine Loyalität zu – vermied aber eine klare Absage an eigene Ambitionen. Er werde nicht von sich aus sagen, er trete an: „Ich bin Parteisoldat.“

Der Bundeskanzler verbrachte den Dienstag beim G 20-Gipfel in Brasilien. Seine Rückkehr nach Berlin ist für heute Vormittag geplant, einen ursprünglich geplanten Weiterflug nach Mexiko sagte er kurzfristig ab. Gestern Abend beriet sich die Parteispitze der SPD in einer Telefonkonferenz, zunächst ohne ihn.