München – Die deutsche Wirtschaft ist nach Einschätzung der bayerischen Industrie- und Handelskammern in der schwersten Krise der Nachkriegszeit gefangen. „Die Zwanzigerjahre dieses Jahrhunderts, das wird das wirtschaftlich schlechteste Jahrzehnt seit Gründung der Bundesrepublik“, prophezeite Manfred Gößl, der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags gestern in München. In der ersten Hälfte des Jahrzehnts sei die heimische Wirtschaft insgesamt nur um 0,1 Prozent gewachsen, ein Ende der Stagnation nicht in Sicht. In keinem anderen Jahrzehnt sei das Wachstum so niedrig gewesen.
Die Kammern machen sowohl die veränderte Weltlage als auch politische Entscheidungen und bürokratische Vorgaben aus Berlin und Brüssel für die Entwicklung verantwortlich. Bis 2018 habe die deutsche Wirtschaft von einer langjährigen goldenen Phase profitiert, bedingt durch die Öffnung Chinas und die Globalisierung. Mittlerweile habe sich der Rückenwind in Gegenwind verwandelt, sagte Gößl mit Blick auf die Abkehr von offenen Märkten in den USA und anderen Ländern sowie die erstarkte chinesische Konkurrenz. „Wir sind in einer neuen Phase, die lang anhalten wird.“
Die deutsche Politik – inklusive der früheren Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) – hat die Lage nach BIHK-Einschätzung nicht verbessert, beziehungsweise die Probleme noch vergrößert. Sollte die Trendwende nicht gelingen, „werden wir massiv an Wohlstand verlieren“, sagte BIHK-Präsident Klaus Josef Lutz. Als Beleg verweist der BIHK auf den anhaltenden Abwanderungstrend in der deutschen Industrie. Seit 2022 planten die Unternehmen kontinuierlich höhere Investitionen im Ausland als im Inland.